10.02.2011

Persönliche Gedanken eines 48-jährigen 62ers zum Thema Kondratieff

Der Beitrag entstand als Vorstellungsposting in Xing in der Gruppe 'Kondratieff':

Guten Morgen

Zum Thema:
Ich wurde vor 15 Jahren durch die NZZ auf Buch und Lehre aufmerksam gemacht. Als das Buch frisch aufgelegt aufgeschlagen wurde, verschlug es mir erst einmal die Lust am Lesen: Das Druckwerk hatte die Güte einer miesen Dissertation, beinah von Schreibmaschine geschrieben und mit hässlichen Time New Roman Lettern. Dennoch, ich las und war ob der klaren wie auch verständlichen Sprache hellauf begeistert. Ich war so hin und weg, dass ich das Buch jemandem zwanghaft auslieh - und seither ist es weg. Das hab ich nun davon.

Letzte Entwicklung:
In meiner Ausgabe rätselte man darum, ob die zeitlich in diese Jahre fallende Entwicklung über die Informatik hinausgehe und es sozusagen aufgrund der globalen Vernetzung eine "Kompetenz in Sozialen Netzwerken" ergeben würde. Mit Google, Facebook, Twitter und Xing würde ich meinen: Ja. Andere Grafiken zeigen mir einen 6. Kondratieff als Wellnesskompetenz an. Für mich persönlich würde das gar nicht zutreffen ... "Wellness" tststst..

100 Jahre alt werden wollen:
Ich habe ganz und gar keinen Bock, alt zu werden. Das ist eine Erziehungsfrage und mein elterlicher Hintergrund liegt philosophisch viel näher bei Cioran als denn bei irgendwelchen Heilslehren bzw. medizinalen Fortschritten. Ich weiss nicht, ob es als ein Fortschritt bezeichnet werden könnte, wenn eine Kreatur wie ich auch noch an die 100 Jahre diese Erde kontaminiert. Die wirklich genialen Meisterleistungen von Menschen wurden meist in deren jungen Jahren vollbracht ... das blöde Foto von Einstein verzerrt da jede Realität, denn seine Theorien hatte er niedergeschrieben, da war er noch nicht 30. Aber das Bild vom alten, weisen Mann ... so blöde wie Bilder vom lieben Gott. Hans Magnus Enzensberger trifft es da, nach meiner Denke, eher: "Es geht aufwärts, aber nicht vorwärts". Aber eben, mit einer längeren Lebensdauer - es möge jedem vergönnt sein - besteht die Chance, mehrere Kondratieff-Entwicklungen mitzuerleben - ich bin knapp 50 Jahre alt und hab doch an die 5 Wellen erlebt, sei es in Form meiner Nachkriegseltern oder heute als Mann, der kinderlos geschieden etwas "ausgesteuert" im Leben steht und nach sinnvollen Aufgaben für die verbleiben Zwangsjahre, dem was Jim Rakete "Resteessen des Lebens" nannte, zu finden.

Sinn und Unsinn:
Tucholsky wusste schon, dass wir uns in vielerlei Hinsicht lächerlich machen. Aber da wir nun schon mal dem Nachteil geboren zu sein (Philosophie) hingeben müssen, lasst uns nach 'was G'scheitem Ausschau halten. Worin mein Beitrag an die nächsten 20 Jahre liegen könnte, ist mir noch nicht so klar. "Zurückgeben" ist so eine Handlungsform aus Lebenszyklen, wenn man das Stadium von Reife und Sättigung erreicht hat. Aber was? Wen interessiert schon mein gesammelter Karsumpel? Eines der grössten Potentiale sozialer Entwicklungen sehe ich über den Terrorismus hinaus spriessende Formen von gesellschafts- und medienfähigen Outlaws, Piraten, Robin Hoods, Freigeistern, Wirtschaftsguerilleros, Internetpartisanen und Pornosternchen. Weil im Grau der hörigen Massen keine Karriere zu machen ist, verlockt das bunt Schreiende des Kometenhaften.

Als Coach arbeitet man begleitend. Wen, wohin? Den Andern zum Seinen. Hierfür braucht es mE beides, gleich einer Welle, das Pro und das Contra, das Ja und das Nein, das Dafür und das Dawider. Man muss optimistisch begeistern können - dies aber basiert nach meinm Denken auf der Kunst, pesimistisch und existenzialistisch eine Sache nackt und abgrundtief hinterfragen zu können. "Positives Denken ist das Gegenteil von Denken" (Ilse Aichinger) ... ungefähr so.

Wir machen ohnehin weiter.
Dann mal sehen, wie die nächste Kurve zu schaffen ist :-)
Ich bin keinesfalls bitter - ich fötzel vergnügt rum...

Beste Grüsse

Jona Jakob
Coach, Zürich und Frankfurt

Link zur Xing-Gruppe Kondratieff: https://www.xing.com/net/pridb1ffcx/sechster-kondratieff