04.02.2014

Hochbegabte Erwachsene: Gastbeitrag mit Jahrgang 1961

2. Februar 2014, Coldrerio, Schweiz

Guten Abend Herr Jakob

Schön Sie gefunden zu haben, Ihre Seiten gelesen zu haben… es hat mir eine Welt eröffnet. Coaching für Hochbegabte, dass es dies gibt?! Ja klar, nun ist mir auch bewusst weshalb meine Versuche eine Therapie anzugehen, immer geschneidert sind. Das lag an der Grösse des „Schraubenschlüssels“.

Das Interview mit Frau Lilli Cremer-Altgeld hat mit dann den Mut gegeben Ihnen zu schreiben.

Ich bin Jahrgang 1961, mit wenig Schulbildung und einem IQ von (*ca.) 145… gemessen wurde dieser vor langer Zeit, damals war ich so um die so um die 27 Jahre jung. Ich hatte einen Psychologen für eine Berufsberatung aufgesucht. Als ich zur zweiten Besprechung kam, schlug er mir vor einen IQ-Test zu machen. 




Bis dahin hatte nie davon gehört. Aber es wunderte mich nicht besonders, dass er sich Klarheit über meine Intelligenz verschaffen musste, schliesslich hatte ich nur eine sehr dürftige Schulkarriere vorzuweisen. Da stellte sich natürlich schon die Frage, ob es an einem Mangel an Intelligenz liegen könnte, dachte ich.

Also machten wir den Test. Er legte mir ein dickes Buch vor, erklärte mir ich müsse mich durch die Aufgaben arbeiten und er würde mich dabei filmen, dann lies er mich alleine. So, nun fing ich an die Aufgaben zu bearbeiten aber es wurde mir bald langweilig dabei. Da habe ich das „Buch“ umgekehrt (so wie man es oft mit langweiligen Büchern macht in der Hoffnung weiter hinten käme dann doch noch was Spanendes). Also habe ich mich, so ab Mitte des Aufgabenbuches, von hinten nach vorne gearbeitet…. es war nicht viel spannender.

Bei meinem darauffolgenden Besuch, teilte mir mein Berufsberater das Resultat des Testes mit. Er sagte mir er hätte einen IQ von 145 messen können. Er nehme jedoch an, dass er eher höher liege, so um die 160. Da ich jedoch diese Charaktereigenschaft hätte, welche mich dazu verleihe, die Dinge nicht konsequent zu ende zu führen, könne er eben nur eine circa Messung von 145 bestätigen. Der durchschnittliche IQ liege in etwa bei 100/110, sagte er dann noch abschliessend. Dann schrieb er für mich noch einen Bewerbungsschreiben als Vorlage, in dem er erläuterte ich sei eine „adrette“ junge Frau mit einer überdurchschnittlichen Auffassungsgabe....schickte mich nach Hause und bald danach die Rechnung.

Also, hätte er mir gesagt, meine Füsse seinen Grösse 37/38, hätte ich damit etwas anfangen können. Aber einen IQ von 145 oder 90 oder 105 oder 10… was sollte ich damit anfangen. Gut, ich wusste nun zumindest schon mal, dass ich nicht dumm war. Das machte es mir aber gar nicht leichter, im Gegenteil, dann war ich ja faul! Also hatten sie doch alle recht gehabt, alle Lehrer, Eltern, Geschwister, alle. Da blieb nur noch das „adrett“, das was ich immer nur gewesen war. Ohne Zweifel, ich war hübsch und faul. Da lag das Problem.

Im laufe der Jahre habe ich mich ein bisschen mit dieser IQ Geschichte beschäftigt, und dabei herausgefunden, dass ich ein seltenes Tier bin. Aber die Welt nach der Industrialisierung, weiss nichts mit solchen seltenen Tieren anzufangen. Die stören nur, sind aufmüpfig, hinterfragen alles, reden ohne Unterbruch, und als ob dies nicht ausreichen würde, sind sie auch noch supersensible und ständigen seelischen Hoch und Runter ausgesetzt.

Meine Tochter habe ich als sie circa acht Jahre alt beim Schulpsychologischen-Dienst testen lassen. IQ 130, war das Resultat… Gott sei Dank! Sie versteht mich einiges besser als der Rest der Welt. Aber auch sie hat manchmal mühe mir zu folgen, so sagt sie. Sie sagt, meine Gedanken seinen zu schnell, und irgend ich sei ich unermüdlich, würde weiter denken, weiter denken an derselben Sache, dann wenn alle andere schon lange nicht mehr mögen.

Aber ich habe zu wenige Informationen als das ich alles verstehen könnte was ich gerne verstehen würde. Da müsste ich bei Aristoteles anfangen, über die Quantenphysik bis zur künstlichen Intelligenz….

Als ich noch Zeit gehabt hätte, da war ich zu sehr mit elementaren existenziellen Sorgen beschäftigt. Alleine mit einem Kind ohne eine anständige Ausbildung, das ging weder zeitlich noch finanziell. Ich hätte das Gymnasium nachholen müssen um so an die Uni gehen zu können.

In der Zwischenzeit ist das „adrett“ auch nicht mehr so sehr adrett, dafür weiss ich jetzt dass ich nicht faul bin. Meine Tochter hat an der Hochfachschule Sozialarbeit studiert und ist glücklich im Berufsleben integriert.

Das Internet ist meine Heimat geworden, da kann ich mich so richtig austoben. Die Geschichte mit den Hyperlinks ist einfach genial!!! Da schwirre ich von einem Thema zum anderen, debattiere in Social Networks und Foren. Es wächst in mir immer mehr die Idee, auf eigene Faust mir mein Studium „zusammen zu basteln“. Muss ja kein Abschluss holen, würde es nur für mich machen. Tut mir leid für die Welt der ein kleiner Genie entgangen ist, aber währ nicht sehen viel der muss spüren J

Die Gebiete für welche ich mich besonders interessiere sind Sozialwissenschaften und Philosophie.

Nun habe ich Sie sehr lange aufgehalten, hoffe auch ein bisschen unterhalten. Sie dürfen diesen Text gerne verwenden, wenn Sie denken es könnte jemanden von Nutzen sein. Vielleicht jemand der ein Kind hat welches ständig Fragen stellt, rückwärts läuft und dabei die Wolken betrachtet, viel Schreibt obwohl es Legastheniker ist. 

Es ist eine Frage der Verantwortung, ob diese Gesellschaft es sich leisten kann Hochbegabung zu verschwänden. Eine so primitive Welt, in der immer noch Menschen an Hunger sterben und Kinder ihre Glieder in Minenfelder verlieren, ist es vielleicht eine unerhörte Verschwendung hochbegabte Wesen zu ignorieren.

Viele liebe Grüsse und vielen Dank für Ihre Webpräsenz.



Ich danke für die Erlaubnis, den Text hier präsentieren zu dürfen.  Jona Jakob