22.02.2011

Georg Parlow gewidmet, Autor von "Zartbesaitet"

Lieber Georg Parlow

Herzliche Gratulation zum Geburtstag.

Wenn ich auf mein Radar achte, dann frag ich mich, ob der Geburtstag tatsächlich ein Tag der Geburt werden könnte. Tag einer zweiten Geburt. Ich wäre in der Lage, das so zu sehen.

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Ich frage mich nämlich, ob anstelle eines Geburtstages nicht ein Paradigmawechsel ins Haus steht?

Du hast über Jahre vielen Menschen den Zugang zu ihrer HS geschaffen. Deine Bücher, deine Arbeit, die Internetinformationen, die Powerpointpräsentation, der HS-Test und last but not least diese Xing-Gruppe hier.

Wenn ich da draufschaue, dann stehen diese Anteile eines Werkes für mich unter einer Prämisse:

<< Ich habe etwas, mit dem ich zurande kommen muss. Jetzt, da ich es besser verstehe, geht mir das leichter. >>

Ein enormer Dienst. Ein ernomes Verdienst.

Was dieser Prämisse fehlt, ist eine Sicht, die heute lauten könnte:

<< Ich habe etwas, mit dem ich etwas verrichten kann. Jetzt, da ich es kenne, gelingt mir das. >>

Test und Powerpointpräsentation lenken und leiten mich zu meinen Berührtheiten und Betroffenheiten. Sie zeigen mir, wo ich angenervt werde, wo mich etwas erschüttern kann, wo ich zuviel abbekomme und wo mir mein Sein ein Unbehagen darstellen könnte.

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Das ist eine wichtige Sicht, die man erst einmal für sich machen können muss. Doch es ist auch eine Sicht der 80er oder 90er Jahre der Betroffenheit. Pershing, Reagan, Anti-Atom, Bio, Grüne, Polizeistaat, Bürgertum, Franz Josef Strauss, erste Ölkrise, etc.

Heute strebt die Gesellschaft in anderen Modi nach ihrem Selbstverständnis.

SELBST'VERSTÄNDNIS. Vielleicht 'der' Begriff für meine Reflexion.

Gerade in der Welt der psychosozialen Berufe gibt es reichlich viel Umdenken und Veränderung. Es wird das Glück gefordert und der Erfolg prognostiziert. Es wird die Liebe erarbeitet und das Selbst gefunden. Wir wünschen ans Universum und regeln die Matrix. Es wird über Generationen die eigene Geburt neu ausgelöst und gereinigt, so dass mein Rattenschwanz seinen Traumaballast loswird und sich seines Lebensauftrages bewusst wird. Es wird geklopft, was das Zeug hält. Last but not least gibt es angestrebte Ganzheitssysteme, Spiralenenergie, energetische Transmissionen per Internet und dieses urmenschliche Streben und Erarbeiten der ganz eigenen Harmonie mit seinem Dasein, einem Glückszustand, einem Level, einem Peakstate.

Wichtig dabei: Wenn sich seit eh (historisch gemeint) die Glücklichen, Reichen, Erfolgreichen und Mächtigen von den Betroffenen, den Kranken, den Siechenden, den Verlorenen und Ausgestossenen abnabelten, sich räumlich und gesellschaftlich distanzierten und es darob eine Trennung gab, in vielen Fällen gebrandmarkt nie mehr wirklich überschreitbar (also zB zurück aus der Krise in den Erfolg) - so vereinen sich heute Management, Geldadel, VIPs, Royals und das Bürgertum mit den Spirituellen, den Heilern, den Astrologen und Esotherikern.

Deren neue Lehren klingen so verlockend, dass man sich gegenseitig sucht, nicht nur des Geldes wegen, sondern auch, um wegen des vielen Geldes doch noch etwas seligmachendes Glück zu empfinden und wenn ich auch nur ein paar Hunde rette oder wo Geld spende.

Im Jahr 2010 gilt als Prämisse nicht mehr die Betroffenheit, sondern das eigene Handeln und Streben zum Glück.

Welche der beiden Prämissen Berechtigung hat - daran ist es nicht an mir, hierfür eine Antwort zu äussern. Welche Prämisse aber gesellschaftlich "Gültigkeit" erfährt ... das kann jeder von uns am nächsten Kiosk in zahlreichen Blättern und Presseprodukte oder abends am Fernsehen für sich erkennen.

In diesem Sinn unterscheiden sich mE auch die Erfahrungen der Peakstates von denen der Hochsensibilität.

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Du wirst heute 55. Eine Schnapszahl. Mit meiner Reflexion erlaube ich den Hofnarren nochmals zu geben und dich in meinen Augen mit je einem Bein auf je einer 5 zu sehen .... einem Spagat der beiden Prämissen.

Meine Reflexion mag falsch gesehen sein. Sie mag vielleicht ohne jeden Wert oder Stimmigkeit sein. Vielleicht kann sie zerrissen werden. Aber für mich, für mich ist es so ... es könnte gut sein, dass sich hier die Wege trennen, von einem alten Verstehen und Kennen hin zu einem neuen Leben und Streben.

Wer je in einem Tanzkurs war, kennt die Äusserung der Lehrer: "Nachher das Gewicht aufs andere Bein verlagern..." -

... und genau so, lieber Georg, könnte ich mir vorstellen, geht es dir heute, an deinem Geburts-Tag, dich also in der Situation sehend, allenfalls das Gewicht aufs andere Bein verlagern zu müssen/können/sollen/wollen :-)

Du hast das Bisherige geschaffen und geschafft. Warum solltest du nicht - den neuen Lehren eben - ins Neue gelangen und gelingen?

Sei umarmt.

Jona Jakob

19.02.2011

Gefundenes Reflexionsstück vom Herbst 2009

Job: Coach u.a. für Begabte und Sensible. Wie gefunden? ... Über sieben Brücken musst du gehn; tausend Mal berührt, tausend Mal ist nix passiert; Krisen, Pleiten, Pech und Pannen; Lehrgeld, Schmerzgeld, Ohnmacht, Zweifel, Verachtung, Ablehnung, Endlosigkeit; aber auch Anstand, Offenheit, Aufstehen, Nochmal, Liebhaben, Tun, Mich-werden, Reife, anstatt Frische. Hand auf zum Gruss.- Wo gefunden? Im Herzen. Ach ja, auch noch: Ich fand raus, nicht unmittelbarer Teil der Gesellschaft zu sein, sondern ihr Trabant. Das ist eine eigene Rolle im Ganzen. Daher die schmerzlichen Passagen. Mond-Werdung sozusagen, damit die Erde gezeitet.

Jona Jakob, 2009

10.02.2011

Persönliche Gedanken eines 48-jährigen 62ers zum Thema Kondratieff

Der Beitrag entstand als Vorstellungsposting in Xing in der Gruppe 'Kondratieff':

Guten Morgen

Zum Thema:
Ich wurde vor 15 Jahren durch die NZZ auf Buch und Lehre aufmerksam gemacht. Als das Buch frisch aufgelegt aufgeschlagen wurde, verschlug es mir erst einmal die Lust am Lesen: Das Druckwerk hatte die Güte einer miesen Dissertation, beinah von Schreibmaschine geschrieben und mit hässlichen Time New Roman Lettern. Dennoch, ich las und war ob der klaren wie auch verständlichen Sprache hellauf begeistert. Ich war so hin und weg, dass ich das Buch jemandem zwanghaft auslieh - und seither ist es weg. Das hab ich nun davon.

Letzte Entwicklung:
In meiner Ausgabe rätselte man darum, ob die zeitlich in diese Jahre fallende Entwicklung über die Informatik hinausgehe und es sozusagen aufgrund der globalen Vernetzung eine "Kompetenz in Sozialen Netzwerken" ergeben würde. Mit Google, Facebook, Twitter und Xing würde ich meinen: Ja. Andere Grafiken zeigen mir einen 6. Kondratieff als Wellnesskompetenz an. Für mich persönlich würde das gar nicht zutreffen ... "Wellness" tststst..

100 Jahre alt werden wollen:
Ich habe ganz und gar keinen Bock, alt zu werden. Das ist eine Erziehungsfrage und mein elterlicher Hintergrund liegt philosophisch viel näher bei Cioran als denn bei irgendwelchen Heilslehren bzw. medizinalen Fortschritten. Ich weiss nicht, ob es als ein Fortschritt bezeichnet werden könnte, wenn eine Kreatur wie ich auch noch an die 100 Jahre diese Erde kontaminiert. Die wirklich genialen Meisterleistungen von Menschen wurden meist in deren jungen Jahren vollbracht ... das blöde Foto von Einstein verzerrt da jede Realität, denn seine Theorien hatte er niedergeschrieben, da war er noch nicht 30. Aber das Bild vom alten, weisen Mann ... so blöde wie Bilder vom lieben Gott. Hans Magnus Enzensberger trifft es da, nach meiner Denke, eher: "Es geht aufwärts, aber nicht vorwärts". Aber eben, mit einer längeren Lebensdauer - es möge jedem vergönnt sein - besteht die Chance, mehrere Kondratieff-Entwicklungen mitzuerleben - ich bin knapp 50 Jahre alt und hab doch an die 5 Wellen erlebt, sei es in Form meiner Nachkriegseltern oder heute als Mann, der kinderlos geschieden etwas "ausgesteuert" im Leben steht und nach sinnvollen Aufgaben für die verbleiben Zwangsjahre, dem was Jim Rakete "Resteessen des Lebens" nannte, zu finden.

Sinn und Unsinn:
Tucholsky wusste schon, dass wir uns in vielerlei Hinsicht lächerlich machen. Aber da wir nun schon mal dem Nachteil geboren zu sein (Philosophie) hingeben müssen, lasst uns nach 'was G'scheitem Ausschau halten. Worin mein Beitrag an die nächsten 20 Jahre liegen könnte, ist mir noch nicht so klar. "Zurückgeben" ist so eine Handlungsform aus Lebenszyklen, wenn man das Stadium von Reife und Sättigung erreicht hat. Aber was? Wen interessiert schon mein gesammelter Karsumpel? Eines der grössten Potentiale sozialer Entwicklungen sehe ich über den Terrorismus hinaus spriessende Formen von gesellschafts- und medienfähigen Outlaws, Piraten, Robin Hoods, Freigeistern, Wirtschaftsguerilleros, Internetpartisanen und Pornosternchen. Weil im Grau der hörigen Massen keine Karriere zu machen ist, verlockt das bunt Schreiende des Kometenhaften.

Als Coach arbeitet man begleitend. Wen, wohin? Den Andern zum Seinen. Hierfür braucht es mE beides, gleich einer Welle, das Pro und das Contra, das Ja und das Nein, das Dafür und das Dawider. Man muss optimistisch begeistern können - dies aber basiert nach meinm Denken auf der Kunst, pesimistisch und existenzialistisch eine Sache nackt und abgrundtief hinterfragen zu können. "Positives Denken ist das Gegenteil von Denken" (Ilse Aichinger) ... ungefähr so.

Wir machen ohnehin weiter.
Dann mal sehen, wie die nächste Kurve zu schaffen ist :-)
Ich bin keinesfalls bitter - ich fötzel vergnügt rum...

Beste Grüsse

Jona Jakob
Coach, Zürich und Frankfurt

Link zur Xing-Gruppe Kondratieff: https://www.xing.com/net/pridb1ffcx/sechster-kondratieff