16.08.2017

Vielleicht das Wichtigste bei HB und HS: Raus aus dem Fordern und rein ins Anbieten

Es sind nächstens 10 Jahre, dass ich mich mit den beiden Themen Hochbegabung und Hochsensibilität beschäftige, lebe ich doch mit beiden Eigenschaften ein tolles Leben.

So habe ich, auch nach bald 300 Klientinnen und Klienten, Verständnis dafür, dass wer HB und HS für sich entdeckt, erst einmal eine Menge aufzuarbeiten hat. Bei mir hat das ca. sechs von zehn Jahren gedauert. Damit meine ich aber nicht nur, von "irgendwie Minus bis Null" aufgearbeitet zu haben, sondern für meine Person bedeutet das ganz besonders, von "irgendwie Minus bis auf sehr viel Plus" aufgearbeitet zu haben. Ich bin also nach der Aufarbeitung des Verstehens darüber hinaus auf die Seite des Erkennens weiter, sonst wäre hier kein Blog und mein Wissen um die beiden Themen entstanden.

Seit ca. zwei Jahren würde ich mich wie folgt nun beschreiben:


Ich bin nicht mehr "mein Thema - fertig Drama."

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In genau diesen letzten 2-3 Jahren ging zumindest bei den Hochsensibeln die Post ab. Die machen sich lautstark, versammeln sich, halten Kongresse ab und kümmern sich auf unzählige Weisen darum, zu Beklagendes zu mindern und irgendwie etwas Gutes für sich zu tun - um besser leben zu können. Das leuchtet ein, wer würde nicht im ersten Moment oder einer ersten Phase diese Selbstfürsorge erlangen mögen, wenn man zuvor Jahre unverstanden gelitten hat oder zumindest irgendwie belastet war von Dingen, Emissionen und nicht zuletzt Unverständnis oder sogar Ablehnung.

Seit ca. drei Jahren fahre ich für mich persönlich ein Programm, diesen Punkt der Selbstfürsorge auf meine mir mögliche Weise zu verlassen. Das wird nicht ganz erreichbar werden, wozu auch. Selbstfürsorge ist wichtig und richtig und gut - sie ist aber mE nicht das Einzige, was zu tun ist. Da mache ich einen Unterschied. Daher löste ich mich auch von Foren und Gruppen zum Thema Hochsensibilität. Was dort aktuell aufblüht, ist genau das, was ich verlasse, weil mir das selber nichts mehr gibt. Ich weiss, was ich brauche, was nicht, wo ich Sorge für mich tragen muss, wann ich vom Weg abkomme und was ich als Gegenmassnahmen einleiten kann.

Mein Verlassen dieses alten Punktes trägt daher in sich, mich rauen Umständen und Widrigkeiten, die mich belasten, mich auszusetzen, mich zu konfrontieren. Ich trainiere mich in Menschenmengen, Lärm, Shoppingmalls und allenfalls für mich banalem Geschwätz, mit dem man mich vielleicht auch noch überzeugen möchte. Ich übe, es auszuhalten und leicht und galant damit umgehen zu können. Oft ist eine verspätete ICE-Fahrt so eine Gelegenheit, Familienfeste, Läden, etc. Ich reklamiere also keine Schonung mehr für mich ein, sondern sorge unauffällig für mich selber und sonst lerne ich bewusst und willentlich, mit den gerade unangenehmen Umständen leichter und leichter zu leben. Und ich bin schon recht gut darin: vor vier Jahren konnte ich ca. 2 Tage pro Woche richtig arbeiten - heute sind es bei Disziplin mehrere Wochen bei einer Fünf-Tage-Woche. Ich bin voll einsetzbar. Den Rest regelt meine Selbständigkeit.

Ich bin darin selbstkompetent. 

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Doch was fange ich nun mit dieser Selbstkompetenz in Hochsensibilität und Hochbegabung an? Was kann ich damit tun? Was könnten die beiden Eigenschaften meines Wesens "bringen", wie man so sagt oder fragt: 'Was bringt mir/dir/uns das?'

Die Antwort aus meinem "HB-HS-Mund" bringt nur sehr wenig. Sie würde einzig dazu dienen, für Orientierung-suchende 'Anfängerinnen und Anfänger' mit HB - HS zu lesen, '...ahhh, dem geht es so wir mir.' - Damit bleiben wir aber unter uns. Ein Coaching mit Schwerpunkt HB oder HS wird möglich.

Meine Rolle als Coach im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung aller Menschen, also auch Normalos, ist es aber, gerade weil Coaching nach Zielen fragt, herauszuarbeiten und in Worte und Bilder zu fassen, was nun eine Hochsensibilität und auch Hochbegabung "bringen" kann. Also setzen hier vielleicht seltener Postings den Blog fort, aber eine Entwicklung muss erkennbar werden - und es gibt eine.

"Ich will, dass das hier weitergeht" - könnte ich formulieren.

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Die in der Alltagsprache verwendete Rede "Was bringt es?" oder "Was bringt mir das?" ist niemals eine Frage Hochsensibler oder Hochbegabter - es ist eine Frage der Normalos, die instinktiv nach Arterhalt fragen. Und daher ist diese Frage auch im Sinne der Normalo-Erwartungen zu beantworten, ansonsten wohl nur wenig miteinander entsteht.

Möchte ich also einen Arbeitsplatz, eine Wohnung, einen Kredit, einen Handyvertrag oder Verständnis bezüglich eines Antrages an die Krankenkasse, so kann es recht schwierig werden, die eigene Lebensposition, diese eigene Insel der Selbstfürsorge in ein tragbares Verhältnis / Verträge / Aufträge / Honorare zu bringen, mit welchen man gut leben kann.

Eingeschoben: Die gesellschaftliche Tendenz zur neoliberalen Selbstoptimierung fördert diese Frage zum zentralen Orientierungspunkt schier aller Menschen und Systeme und deren millionenfachen täglichen Entscheidungen: "W
as bringt mir das?" - Red. JJ

Was es in dieser Welt auch alles geben mag, z.B. so etwas wie Hoffnungen auf ein bedingungsloses Grundeinkommen, so bezweifle ich, dass das irgendwen schonen und glücklich machen würde oder wird. Ich vertrete die Meinung, wir haben uns das Leben in Arbeit und Sold zu organisieren, insofern wir in der Lage sind, diese Leistung zu erbringen. Geld verdienen werde ich in meinen Gesprächen niemals aus den Augen verlieren gehen lassen. Miete, Krankenkasse, Telefon, Essen, Kleidung und Bildung, Mobilität und Urlaub bezahlen ist nun mal da. Ich suche also nicht nach einer Nische, in der ich mich aushalten kann - wonach ich bei Hochbegabung und Hochsensibilität weiter intensiv suche, sind Antworten und Wege, ich ich locker und wohlergehend mithalten kann. 

Darin verstehe ich mich selber - tun Sie das für sich auch?
Oder worin verstehen Sie sich?

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Aus dieser Rücklage des sich-Schonens heraus in die Vorlage des Überwindes zu gelangen, mag zwei Etappen oder zwei Phasen darstellen. Doch beide überzeugen mich heute nicht wirklich, etwas Wirkliches zu erbringen, was meine Hochsensibilität und Hochbegabung anbelangt - wo also ist eine sinnstiftende Wirkung? Womit kann ich meine Wahrnehmungen und Gedanken gewinnbringend einbringen? Wo oder Wie bringt es was?

In dem ich ins Anbieten gehe - eine dritte Phase. 

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Da ich eine gute Selbstfürsorge betreue, da ich viel aushalten kann, da ich damit freier fühle und denke, habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, meine "Dinge" als Empfehlung, Tipp, Hinweis, so bezeichnetes 'Querdenken', eben als ANGEBOTE zu veröffentlichen: In XING, bei LinkedIn, in Blogs, allenfalls bei Facebook.

In mir ist es damit ruhig geworden. Ich habe ein Ventil meine Sichten und Gedanken einzubringen, aber ich klage dabei weder Rücksicht ein, noch muss ich besseres Denken als Verständnis einfordern. Ich lege meine Sachen als ANGEBOT hin und kümmere mich nicht. Es ist da, macht damit was euch geht.




Resultat: Menschen finden Vertrauen -
ob durch Angeregtheit, Transparenz, Raum, Lassen.
 


Dieses Vertrauen ist jener Boden, der zwei unterschiedlichen Menschen dann ermöglicht, zusammen etwas einzugehen und zu vereinbaren. Wichtig dabei: Weder Hochbegabung noch Hochsensibilität einbringen (nicht das Eigenste 'Ich' einbringen), weil das erschreckt. Sondern ohne jeden weiteren Ton fragen, was dem anderen geht, was sie oder ihn angeregt hat - "Was bewegt?" Denn wenn ihr genau darüber nachdenkt:

Hochbegabung und Hochsensibilität BRINGT etwas in Formen von: dass es ANDERE BEWEGT. Dazu braucht es der Vorsicht und denkt daran: für die oder den Anderen ist der Raum mit einem oder zwei Gedanken bereits voll. Bietet nur an, meint aber nicht, ihr müsstet nun Leistung beweisen. Lasst das den Anderen seine Leistung sein, es angenommen zu haben.

So kann die Annäherung freiwillig geschehen, das Aufgenommene wird verdaut. Dann ruft auch jemand an oder schreibt, dann entsteht ein tragfähiges Miteinander und ein erfreutes Wiedersehen.

Wichtig: So bleiben auch beide Expertin und Experte. 



Herzlich
Jona Jakob
Schweiz: Zürich und Bern
Deutschland: Frankfurt und Aschaffenburg