21.02.2014

"IT SUCKS!" - Warum die eigene Bedürftigkeit Partneschaften, Projekte, Arbeit und Werk versaubeuteln kann.

Am 13.1.2014 veröffentlichte ich den Basisbeitrag zum Thema Bedürftigkeit:
"YOU SUCKS!" - Warum eigene Bedürftigkeit einen verunmöglicht

Diesmal zeige ich mögliche Auswirkungen auf Zusammenarbeit

Dieser zweite Beitrag handelt von Situationen der Zusammenarbeit, in welche beteiligte Mensch reinrutschen können. Weil dabei die Wahrnehmung von jemandem langsam aber sicher verloren geht und sein 'Für'Wahr'Nehmen' ein unbewusstes Zerrbild darstellt, lohnt sich kein Tag und keine Stunde in diesem Zustand hoher Not weiter zu co-existieren bzw. zusammenzuarbeiten. 

Diesmal geht es um
- Arbeitsgemeinschaft / Wohngemeinschaft / Sharing / Familienfeste
- Projektarbeit / Zusammenarbeit / Team / Paararbeit
- Ausschreiben / Offerten / Preise / Leistungen und Gegenleistungen / Aufträge / Auftragserteilung
- Zusammenarbeit / Work-in-progress / Etappen / Zwischenresultate / Nebenresultate / Auswüchse
- Abweichungen vom Ziel / Vorschussleistungen / Schmuseeinheiten / Liebhudelei / Kindergarten
- Übermass / Überschuss / Verblendung / Selfness / Bedürfnisorientierung vs. Bedürtigkeitsorientierung
- Ende-Aus-Schluss / Leck-mich / Never-again / Ablehnung / Verletzung / Ent'Täuschung

Wenn Zusammenarbeit scheitert

Ich schreibe von Arbeiten und Leistungen, welche von mindestens zwei Menschen gemeinsam gewünscht oder erbracht werden, die dann WEGEN DER BEDÜRFTIGKEIT von mindestens einer Person der beiden scheitert. 

Was ist der Unterschied von Bedürfnis und Bedürftigkeit?
Dies führe ich einleitend im ersten Beitrag aus, den Sie hier finden:
http://begabt-sensibel.blogspot.de/2014/01/you-sucks-warum-eigene-bedurftigkeit.html

Kann ich distanziert selbstempathisch bleiben oder "hungern" meine Gefühle in einem Notzustand?


Wer ist prädestiniert, in eine solche Situation zu geraten?

- wenn beide bedürftig sind und sich eher im selben Leiden verstehen, als in der Zusammenarbeit
- wenn wer früher mal eigene Bedürtigkeitserfahrungen machen musste (neigt dazu, da bekannt)
- wenn wer eigene Bedürftigkeiten nicht erkannt hat und auf dem Auge sozusagen blind ist
- wenn wer Arbeit und/oder Partnerschaft mit Hilfe und falschem Goodwill verwechselt
- wenn sich wer täuschen lässt, egal warum
- wenn wer ersten Verlockungen unterliegt, weil er nicht hart und kritisch genug sich und den Auftrag prüft
- wenn wer Klärungen scheut oder ihnen strategisch aus dem Weg geht
- etc. 

Was wird die Wirkung / das Resultat sein? 

Kurz gesagt: 
- Wenn jemand bedürfnisorientiert arbeitet, bleibt sein Fokus beim Dienst am Kunden / Projekt. 
- Wenn jemand bedürftig an einer Sache arbeitet, sind seine Ziele und Strategien allesamt für sich selbst ausgelegt! 
Das fängt z.B. damit an,
- dass jemand eine Art Vorschussleistung anbietet [möchte aber gelobt und angenommen werden]
- dass jemand sich anbiedert [Ach, geht es dir auch so / So sehe ich das auch / Oh ja! / etc]
- dass jemand sein eigentliches Ziel aus den Augen lässt und etwas Neues "nur für dich gemacht" hat
- dass jemand dann sein Werk, was nun plötzlich für einem sein soll, gestaltet und ausbaut, wie es ihm [aber nicht mir / keine Klärung / keine Bedürfnisorientierung / gut gemeint ist nicht immer ideal] zusagt
- dass jemand viel zu viele Stunden über das Mass einsetzt [Schaffung von Solidarität -> Schuldgefühle]
- dass jemand mit Suggestivfragen nach Zusage sucht [Bist du auch der Meinung, dass ...?]
- dass jemand anfänglich weder Auftrag, Preis noch Gegenleistung klärt
- dass jemand Dinge ausführt, um die er nie gebeten wurde [um als 'Feiner' zu gelten]
- dass jemand dann verletzt reagiert, wenn man nicht länger zustimmt
- dass jemand plötzlich "SEIN Werk / SEINE 'Qualität' / SEINE Erstellweise / etc" reklamiert bzw. betont
- dass jemand weiteren Eigennutzen bei selber Fertigung unabgesprochen einbaut

... kurz: Es fehlt jeweils die Rück- und Aussprache bzw. Klärung mit dem "möglichen" Auftraggeber. Vielleicht haben Sie jemanden nie um einen Gefallen gebeten, vielleicht auch nur teilweise bejaht oder zugestimmt, aber nicht in der letztendlich vorgehaltenen Form. Solche Menschen suchen keine Klärung sondern jeder Zwischenschritt ist so 'geliefert', als dass man danken müsste, Bravo! sagen oder sonst wie Liebhudeln. Dabei haben Sie selber nichts verlangt noch erwartet. Sie geraten mehr und mehr in eine Art Falle von Schuldgefühlen und dem gefühlten Zwang, sich distanzieren zu müssen, bis hin zum brüsken STOPP / HALT / BASTA!

Da der Zurückgewiesene mit seinem Handeln, zu gefallen, nicht gefällt, fühlt er sich erneut unverstanden, ungesehen, unangenommen - seine Bedürftigkeit bestätigt sich für ihn, seine Strategien, geliebt zu werden, werden sich verstärken.


Was können Sie für sich tun?

Eine Arbeit sollte durch einen Auftrag und eine Gegenleistung geklärt, vereinbart und beauftragt werden. Daher ist auch das Zahlen eines Auftrages so wichtig (eigene Entlastung). Dann ist während dem Auftrag die zielorientierte Leistungserstellung quantitativ und qualitativ fortlaufend von beiden Seiten her zu prüfen und sicherzustellen. Klären Sie auch Geistiges Eigentum, Rechte, Form, Farben, Sounds, Varianten, Stückzahl, Termine, Vereinbarungen, Zahlung und Konditionen etc. etc. - bleiben Sie der Zusammenarbeit und dem Werk zuliebe sachlich und auftrag- wie bedürfnisbezogen. Lehnen Sie Überschwenglichkeit ab, Goodies beschönigen und charmanter Schmus soll etwas überdecken. Gute Arbeit bleibt sachlich und korrekt. 

Was können Bedürftige tun?

Sich selber fragen, warum man all das Überschwengliche leistet? Warum bettelt man nach Anerkennung? Warum mag man meine Leistung und meine "Geschenke" nicht? Warum finden Frauen solche Männer wie Kinder und beenden dann die Partnerschaft? Warum finden Männer solche Frauen wie Heulsusen, Stalkerinnen und Kletten? Wie weit ist die eigene Co-Abhängigkeit von solchen Menschen, um nicht zu hart ins Gericht gehen zu müssen?
Mit solchen Beobachtungen zum Psychiater oder Coach gehen und die Ursache für die angestaute Bedürftigkeit zusammen klären. Danach Regeln für die Selbsthygiene ausarbeiten und sich stets selber kontrollieren. Aufwand in Coachings: ca. 2 x 3 Stunden.

Das liest sich vielleicht etwas schroff, sollte mE aber nicht beschönigt werden. Liebe Bedürftige, es ist ok. Doch versucht, euch mit jemandem zu klären. Denn die 'Anderen', die würden gerne MIT euch leben und arbeiten. Doch wenn euch eure Not an Gefühlshunger verhindert, verliert ihr nicht nur euch selber, ihr verliert auch alle anderen. Daher ist es mE so viel wert, sich bei solchem 'Verdacht' bei jemandem zu zeigen, der das wahrnehmen und wertfrei prüfen kann. Es kann wunderbar sein, aus dieser Situation hinauszugelangen.

Jona Jakob, Consensus Coaching
Zürich und Frankfurt

06.02.2014

"Yipiee!" 30'000 Abrufe

Sehr geehrte Leserinnen
Sehr geehrter Leser

Ich danke Ihnen für Ihr Interesse an diesem Blog, der heute seine 30'000 Abrufe überschritten hat. Das ist mir ein motivierendes Dankeschön von Ihnen, liebe Leserschaft, und das ist für mich eine grosse Freude. Erst kürzlich schrieb mir jemand mit seinen 52 Jahren - ich darf den Wortlauf verwenden, lieben Dank hierfür:

Aber es war eine so unglaubliche Erfahrung in Ihrem Blog zu lese, habe das ganze Wochenende damit verbracht. Es hat sich gelohnt. Gestern Abend, habe ich Ihren letzten Beitrag gelesen. Heute Morgen während ich meinen Kaffee trank, musste ich an Sie denken, an das was Sie schreiben und wie Sie es schreiben, an das was es bei mir ausgelöst hat. Irgendwie ist es wie ein Puzzle, es passt alles perfekt zusammen, Stück um Stück.Es war einfach nicht möglich mich damit aufzuhalten, den Strom meiner Gedanken (Bilder welche es zu Worte zu bringen galt), zu unterbrechen. Das, währe schade gewesen, denn ich befand mich dabei wie in einem erweitertem Bewusstseinszustand. Es war wunderbar, glücklich fühlte ich mich, am richtigen Ort. Diese Begegnung mit Ihnen, mit Ihrer Arbeit, Ihren Gedanken, hat mich wieder dahin zurück geführt. Kann es wieder sehen, spüren, es für möglich halten. Dafür bin ich Ihnen unendlich Dankbar. Sie dürfen meine Texte welche ich Ihnen schreibe, immer benutzen. Damit möchte ich Ihnen etwas zurück geben.


Der Blog 'Hochbegabte Hochsensible Erwachsene Schweiz' will weiter an seinen Beobachtungen wachsen. Er ist für alle gedacht, welche sich mit den Themen der Hochbegabung oder der Hochsensibilität bei Erwachsenen beschäftigen wollen, ob selber davon geprägt oder ohne Betroffenheit, vielleicht als Partner, Arbeitgeber, Kollege, Elternteil oder Verwandter.

Ich freue mich über Kommentare und Bewertungen und wenn Sie den Blog weiterempfehlen mögen.

Auf nächste fünf Jahre und viele Abrufe mehr.

Mit herzlichen Grüssen

Jona Jakob


04.02.2014

Hochbegabte Erwachsene: Gastbeitrag mit Jahrgang 1961

2. Februar 2014, Coldrerio, Schweiz

Guten Abend Herr Jakob

Schön Sie gefunden zu haben, Ihre Seiten gelesen zu haben… es hat mir eine Welt eröffnet. Coaching für Hochbegabte, dass es dies gibt?! Ja klar, nun ist mir auch bewusst weshalb meine Versuche eine Therapie anzugehen, immer geschneidert sind. Das lag an der Grösse des „Schraubenschlüssels“.

Das Interview mit Frau Lilli Cremer-Altgeld hat mit dann den Mut gegeben Ihnen zu schreiben.

Ich bin Jahrgang 1961, mit wenig Schulbildung und einem IQ von (*ca.) 145… gemessen wurde dieser vor langer Zeit, damals war ich so um die so um die 27 Jahre jung. Ich hatte einen Psychologen für eine Berufsberatung aufgesucht. Als ich zur zweiten Besprechung kam, schlug er mir vor einen IQ-Test zu machen. 




Bis dahin hatte nie davon gehört. Aber es wunderte mich nicht besonders, dass er sich Klarheit über meine Intelligenz verschaffen musste, schliesslich hatte ich nur eine sehr dürftige Schulkarriere vorzuweisen. Da stellte sich natürlich schon die Frage, ob es an einem Mangel an Intelligenz liegen könnte, dachte ich.

Also machten wir den Test. Er legte mir ein dickes Buch vor, erklärte mir ich müsse mich durch die Aufgaben arbeiten und er würde mich dabei filmen, dann lies er mich alleine. So, nun fing ich an die Aufgaben zu bearbeiten aber es wurde mir bald langweilig dabei. Da habe ich das „Buch“ umgekehrt (so wie man es oft mit langweiligen Büchern macht in der Hoffnung weiter hinten käme dann doch noch was Spanendes). Also habe ich mich, so ab Mitte des Aufgabenbuches, von hinten nach vorne gearbeitet…. es war nicht viel spannender.

Bei meinem darauffolgenden Besuch, teilte mir mein Berufsberater das Resultat des Testes mit. Er sagte mir er hätte einen IQ von 145 messen können. Er nehme jedoch an, dass er eher höher liege, so um die 160. Da ich jedoch diese Charaktereigenschaft hätte, welche mich dazu verleihe, die Dinge nicht konsequent zu ende zu führen, könne er eben nur eine circa Messung von 145 bestätigen. Der durchschnittliche IQ liege in etwa bei 100/110, sagte er dann noch abschliessend. Dann schrieb er für mich noch einen Bewerbungsschreiben als Vorlage, in dem er erläuterte ich sei eine „adrette“ junge Frau mit einer überdurchschnittlichen Auffassungsgabe....schickte mich nach Hause und bald danach die Rechnung.

Also, hätte er mir gesagt, meine Füsse seinen Grösse 37/38, hätte ich damit etwas anfangen können. Aber einen IQ von 145 oder 90 oder 105 oder 10… was sollte ich damit anfangen. Gut, ich wusste nun zumindest schon mal, dass ich nicht dumm war. Das machte es mir aber gar nicht leichter, im Gegenteil, dann war ich ja faul! Also hatten sie doch alle recht gehabt, alle Lehrer, Eltern, Geschwister, alle. Da blieb nur noch das „adrett“, das was ich immer nur gewesen war. Ohne Zweifel, ich war hübsch und faul. Da lag das Problem.

Im laufe der Jahre habe ich mich ein bisschen mit dieser IQ Geschichte beschäftigt, und dabei herausgefunden, dass ich ein seltenes Tier bin. Aber die Welt nach der Industrialisierung, weiss nichts mit solchen seltenen Tieren anzufangen. Die stören nur, sind aufmüpfig, hinterfragen alles, reden ohne Unterbruch, und als ob dies nicht ausreichen würde, sind sie auch noch supersensible und ständigen seelischen Hoch und Runter ausgesetzt.

Meine Tochter habe ich als sie circa acht Jahre alt beim Schulpsychologischen-Dienst testen lassen. IQ 130, war das Resultat… Gott sei Dank! Sie versteht mich einiges besser als der Rest der Welt. Aber auch sie hat manchmal mühe mir zu folgen, so sagt sie. Sie sagt, meine Gedanken seinen zu schnell, und irgend ich sei ich unermüdlich, würde weiter denken, weiter denken an derselben Sache, dann wenn alle andere schon lange nicht mehr mögen.

Aber ich habe zu wenige Informationen als das ich alles verstehen könnte was ich gerne verstehen würde. Da müsste ich bei Aristoteles anfangen, über die Quantenphysik bis zur künstlichen Intelligenz….

Als ich noch Zeit gehabt hätte, da war ich zu sehr mit elementaren existenziellen Sorgen beschäftigt. Alleine mit einem Kind ohne eine anständige Ausbildung, das ging weder zeitlich noch finanziell. Ich hätte das Gymnasium nachholen müssen um so an die Uni gehen zu können.

In der Zwischenzeit ist das „adrett“ auch nicht mehr so sehr adrett, dafür weiss ich jetzt dass ich nicht faul bin. Meine Tochter hat an der Hochfachschule Sozialarbeit studiert und ist glücklich im Berufsleben integriert.

Das Internet ist meine Heimat geworden, da kann ich mich so richtig austoben. Die Geschichte mit den Hyperlinks ist einfach genial!!! Da schwirre ich von einem Thema zum anderen, debattiere in Social Networks und Foren. Es wächst in mir immer mehr die Idee, auf eigene Faust mir mein Studium „zusammen zu basteln“. Muss ja kein Abschluss holen, würde es nur für mich machen. Tut mir leid für die Welt der ein kleiner Genie entgangen ist, aber währ nicht sehen viel der muss spüren J

Die Gebiete für welche ich mich besonders interessiere sind Sozialwissenschaften und Philosophie.

Nun habe ich Sie sehr lange aufgehalten, hoffe auch ein bisschen unterhalten. Sie dürfen diesen Text gerne verwenden, wenn Sie denken es könnte jemanden von Nutzen sein. Vielleicht jemand der ein Kind hat welches ständig Fragen stellt, rückwärts läuft und dabei die Wolken betrachtet, viel Schreibt obwohl es Legastheniker ist. 

Es ist eine Frage der Verantwortung, ob diese Gesellschaft es sich leisten kann Hochbegabung zu verschwänden. Eine so primitive Welt, in der immer noch Menschen an Hunger sterben und Kinder ihre Glieder in Minenfelder verlieren, ist es vielleicht eine unerhörte Verschwendung hochbegabte Wesen zu ignorieren.

Viele liebe Grüsse und vielen Dank für Ihre Webpräsenz.



Ich danke für die Erlaubnis, den Text hier präsentieren zu dürfen.  Jona Jakob

03.02.2014

Hochbegabung Typ 1 + 2: Wissen vs. Erfahrung

Im Internet kursierte eine simple Grafik, die für mich Anstoss wurde, mich intensiver mit deren Groteske zu beschäftigen. Die Grafik stellt den Begriff 'Wissen' gegenüber dem Begriff 'Erfahrung' gegenüber:

Man kann darüber schmunzeln, doch beim Betrachten und Suchen nach Hintergründen, verbergen sich dahinter weitreichende Grundlagen und Zusammenhänge, die auch für das Wesen und dich Charakteristik unterschiedlicher Formen von Typen von Hochbegabung zu beachten sind.

Vor gut einem Jahr schrieb ich in diesem Blog den Beitrag von den Hochbegabungstypen 1 + 2, wobei ich den Typ 1 als den 'Wissenden' beschrieb und den Typ 2 als den Erfahrenen, den Checker, der vom Leben geprägt sei. Diesen Beitrag finden Sie hier:
http://begabt-sensibel.blogspot.de/2013/01/hochbegabung-typ-1-und-2-von-jona-jakob.html

Welche Begriffe müssen beachtet werden:
  • Wissen (richtig, falsch, vollständig, unvollständig)
  • Erfahrung des Einzelnen (Subjektivität)
  • Erfahrung einer Gesamtheit (Empirie)
  • Wissen und Erfahrung im Aussen und im Innen
  • Autopoiesis
  • Individuation

Es würde den Rahmen eines Blogbeitrages sprengen, hier alles darzulegen. Was ich hier knapp ansprechen vermag, ist, dass es zwischen den beiden Dingen Wissen und Erfahrung einen bestehenden Konflikt gibt, den fast ein jeder Mensch austrägt. Warum?

Die beiden Worte Wissen und Erfahrung müssen erst einmal als Begriffe eines 'Aussen' und eines 'Innen' erkannt und verstanden werden. Im Aussen ist Wissen sozusagen unsere Bücher, Bibliotheken und Universitäten dieser Welt. Wissen als Sammlung allen Wissens. Und Erfahrung im Aussen ist, was per wissenschaftlich sauberer Studie gesammelt werden konnte (Empirie). Es sind kollektive und historische wie psychologische Erfahrungen, welche als eine Form von allgemeinem "Wissen" oder als 'Erfahrungsansatz' für gültig erklärt werden.

Dem gegenüber, dem

  • Wissen im Aussen und
  • Erfahrungen im Aussen,

stehen unser persönliches Wissen im Innen (unvollständig / unsicher / ungeprüft) und unsere persönlichen Erfahrungen im Innen, als subjektive Wahrnehmungen (gefühlt / gespürt / mit 5 Sinnen aufgenommen / einsam).

Hier ist ein erster Konflikt zu beachten, nämlich meine 'anerzogene' Hoffnung (Schulnoten / Zeugnisse / Abschlüsse / Diplome), dem Aussen, dem Wissen und den Gesetzen der Allgemeingültigkeit möglichst perfekt entsprechen zu können / vermögen. Ob mit leicht lernendem Kopf oder mit viel Fleiss, wir bemühen uns normalerweise und unablässig so sehr, uns dem niemals Erreichbaren zu nähern, sei es als Wissen, Diplome, Kreuzworträtsel, Theorien, Sudoku oder Quizteilnehmer. Gescheit und gebildet sein um jeden Preis. Das ist überprüfbar, belegbar, beweisbar, greifbar, machbar, das zeichnet uns aus und hält jedem Vergleich weltweit stand. Und selbst, wenn wir uns dem Thema der Erfahrungen nähern, tun wir das heute eher "kopfert", nämlich in dem wir allgemein gewonnenes Erfahrungswissen (was man so sagt) nachplappern und sich ihm kaum geprüft anschliessen. Was die Gruppe gut findet, finden wir auch lässig, was modisch ist, fühlt sich hip an, wie es sei, verliebt zu sein, lässt sich nachlesen und online buchen. 

Dem gegenüber beschreibe ich den Typ 2 von Hochbegabten, deren kindliches Schicksal aus einer Not bestand, mit ungegebenen Dingen das Beste daraus zu machen. Der Bruch mit dem Normalverlauf wurde existenziell, d.h. überlebensnotwendig. Das bedeutet aber, dass diese Menschen das Normalwissen des Aussen und dir Regeln wie Gesetze des Aussen und auch die Erfahrungen des Aussen zu Teilen ignorieren mussten. Sie mussten mit diesen allgemeingültigen Leitplanken brechen, um nicht aus dem Leben zu geraten, sondern doch zu gelingen. Und darin besteht mit den Jahren der Entwicklung die Über-Begabung, nämlich über die Allgemeingültigkeit von Wissen und Erfahrung des Aussen hinaus in Bereiche und Dimensionen hinein Bescheid zu wissen, wo der Normalo oder der Gescheite einfach nicht hin musste. Denn was musste der Typ 2 Hochbegabte tun, um kindlich sich zu retten und ein wohlfeiler Mensch zu werden?

Er musste sich auf sich verlassen!

Der Typ 2 Hochbegabte, musste sich auf seine innere Stimme, seine Entscheide, seine Entschlüsse und dann auf seine gemachten und zu machenden Erfahrungen stützen. Da war keine offizielle Lehre für seine Situation. Der Typ 2 Hochbegabte ging in die Schule des Lebens oder in die "Strandakademie". Vielleicht besuchte er die Schauplätze seiner Alkoholikereltern, seiner Borderline-Väter und -Mütter, seiner elterlichen Gewaltorgien oder der familiären Armutsgebiete. Ich kann nicht wissen, warum ein Kind bis hin zum Erwachsenen sich an eine Spezialsituation über das Mass des Allgemeingültigen anpassen musste, so dass diese Anpassung zur Spezialschule des Lebens wurde. Doch was ich dabei sofort erkennen kann: Solche Menschen tragen Ihre hohe Kompetenz darin, sich auf ihre inneren Informationen von Wissen und Erfahrung stützen zu können, als Dinge, die sich bewährten und mit denen sie überlebten und voran kamen.  Diesen Menschen braucht man keine Ratgeberliteratur in die Finger zu drücken, die brauchen selten Anleitungen oder Handbücher. Solche Menschen erkennen allein in Bruchteilen von Sekunden, in welcher Situation sie gerade stecken, ob unter Mitmenschen oder in Abteilungen und Organisationen. Menschen mit solcherlei Hintergründen haben Instinkt und Intuition und sie fühlen die kleinste Nuance. Sie sind hochempfindsam für die eigenen Angelegenheiten. Dass dabei Ablehnung, Zweifel, Einsamkeit und Zynismus auftreten können, kann sein. Das lässt sich aber zu einem gesunden Menschen hin in kurzer Zeit entwickeln. Eine tolle Theorie für diesen Typen Menschen steht hinter dem Wort 'Autopoiesis' (siehe Wiki). 

Was möchte ich als Ermutigung abschliessend festhalten: 
  • Wer als Hochbegabter ein gescheiter Kopf ist, der mit Leichtigkeit allgemeines Wissen in sich vereinbaren und zur Anwendung bringen kann, der soll das tun und soll sein Wissen einbringen. Dort, in Forschung und Entwicklung, in Qualität und Schule wird seine Aufgabe liegen.
  • Wer als Hochbegabter ein Meister seiner Erfahrungen ist, soll erst sich entwickeln (geschulte und geklärte Selbsterkennung, hin zur Individuation), so dass er von seiner Leidensgeschichte wegkommt. Danach soll sich so jemand der Menschwerdung zuwenden, als Autor, Trainer, Coach, Sozialarbeiter, Pfarrer, Menschenbegleiter, Menschenanleiter, etc. denn es geht nicht um sein Wissen, es geht um die Kompetenz, sich auf sich selber verlassen zu können ... eine Tugend, die allen kopferten Schlaumeiern der Wissensliga mehr und mehr abhanden kommt, da eben nicht bei sich, sondern bei den Büchern, Smartphones oder Ratgebern weilend, jenem blinden, aber illusorischen Perfektionsstreben, hin zu den fremdbestimmenden Systemen, dem Konformismus per se. 
Es sind zwei Lager. Und die Wissenden verhalten sich in der Überzahl. Das bedeutet aber nichts. 

Wohlan. 

Jona Jakob
Zürich und Bern