12.08.2011

Raus müssen, um fortzukommen

Hallo. Mich beschäftigt in Bezug auf Beispiele im beruflichen wie privaten Umfeld eine Reflexion. Worum geht es?


Ausgangslage: "Ich erkenne: Ich will etwas verändern"

Man gerät als Mensch in eine Situation/Krise/Klärung/Prozess.
Man erkennt: Ich fühle, ich will bei mir etwas ändern:
- ich will aus alten Mustern und Verhaltensweisen heraus,
- ich will mein Leben nicht mehr unter den Scheffel stellen
- ich will nicht weiter abhängig oder bedürftig verbleiben
- ich will mehr Wertschätzung erfahren
- ich will mich nicht mehr klein machen lassen
- ich will nicht weiter von anderen bezweifelt/abgewertet werden
- ich will zu anderen Tageszeiten mehr Leistung liefern
- ich will abnehmen und damit anders essen oder auch Sport treiben
- ich will Zeit für mich haben

"Ich will etwas ändern, heisst: Meine Position, meinen Takt, meine Rhythmen und Orte ändern. Ich fange bildlich an, an meinen Rädern zu drehen bzw. mein Lebenshaus umzubauen, Räume, Möbel, Anschlüsse.



Nun die Beobachtung:

Ich beobachte Menschen in solchen Situationen oft in folgender Lage / Situation: 
Sie schaffen es nicht/kaum/rückfällig/kraftlos/etc. , weil sie diese Veränderung IM ALTEN SYSTEMISCHEN UMFELD versuchen zu erreichen. Was meine ich mit "altem systemischen Umfeld" (weiter ASU genannt):
- im ASU mit dem Beziehungspartner (privat/geschäftlich)
- im ASU mit der Primärgruppe: Familie/Kinder/Verwandte
- im ASU mit Kollegen, Freunde, Bekannte, Nachbarn, Verein
- im ASU des Arbeitsplatzes: Kollegen, Untter- bzw. Überstellte
- im ASU mit den eigenen Eltern: Mutter, Vater, Eltern, Erbe, Haus
- im ASU mit Alkoholikern, Abhängigen, Kranken, zu Pflegenden
- tbc
Ich glaube, ich habe die stärksten/heftigsten/bindensten aufgezählt.


Situation: Ich bin nicht ohne die anderen

Es ist mE eine Sache, als Erkenntnis zu fühlen, dass man bereit ist, etwas in seinem Leben zu ändern. Das ist ja schon mal ein ganz starker Moment und eine wunderbare Ausgangslage.
Eine andere Sache ist es mE aber, nur von sich auszugehen und dabei zu vergessen, dass wenn man etwas an seinem Lebenshaus verändern will, man damit an allen "Schnittstellen" (erkläre ich später) die Anschlüsse kappen und neu stecken muss.

Bild: Versucht euch vor dem inneren Auge vorzustellen, ihr wollt in eurem Zuhause den Esstisch weiter nach hinten stellen, damit ihr mit den Sofas näher am Fenster und an der Sonne sitzen könnt. Was alles müsst ihr hierfür
- mit verschieben?
- mit umstellen?
- als Kabel ausziehen und neue Anschlüsse finden und einstecken?
- als Deckenleuchte umhängen?
- als Teppich verschieben?
- als Bilder umhängen?
- etc.



Welche Wirkung haben die Anderen / hat das ASU auf mich?

Ich meine zu beobachten (subjektiv), dass viele Menschen ihr gewünschte Veränderung nicht oder nicht wirklich erreichen, weil sie
a) sich nicht genug konsequent damit befassen, mit der eigenen Veränderung besonders für die 
    Menschen im Umfeld "unangenehm" zu wirken, denn für die war man bisher die ideale 
    "Bank/Trottel/Hund/Opfer/Liebling/Partner/Kind/Kollege/Putzfrau/Sexobjekt/ 
     Prestigepüppchen/Businesskasper/Idiot/Schlampe/MittäterIn/Mitopfer/ Co-Abhängige/r/etc.- 
     man war für die angenehm und/oder nützlich.

b)   Sich nicht konsequent genug damit befassen meint mE:
b1) Ich habe eine Verantwortung und eine Selbstverantwortung
b2) Ich tue mir und denen nichts Gutes, wenn ich das Vertraute belasse
b3) Ich muss auch Strategien und Pläne haben, wie und was ich mit meinem ASU
       (altes systemisches Umfeld) mache: wie vorbereiten, wie einplanen,
       wie ausschliessen, wie aufgeben, wie rausstellen, wie sistieren, etc.  

WIE KANN ICH MICH ABGRENZEN? 

c) Sich konsequent damit befassen meint mE:
- Wer darf nicht mehr in meiner Nähe sein, weil der mir nicht gut tut?
- Wer muss (für eine Weile/Distanz/Raum) aus meinem systemischen Netz raus, 
  damit ich mich verändern kann/vermag?
- Wer macht mich krank? müde? unsicher? schwerfällig? klein? schuldbeladen? zweifelnd?
   minderwertig? ausgenutzt?
- Wer darf nicht mehr einfach so auf mich zugreifen? nutzen?
- Wer missbraucht meine Bedürftigkeit nach Liebe und Geborgenheit?
- Kann es klug sein, dieser Bedürftigkeit zu verfallen, wenn ich etwas ändern will?
- Kann es sein, dass ich mir eine Phase des Alleinseins zumuten muss, um mich zu stärken und mich 
 dann nach meinem Gusto neu einzubetten, in Menschen, in ein neues Umfeld, in neue Bezüge.

Aber auch:

- Wer stärkt mich? bin ich alleine stärker?
- Wer wertschätzt mich und verhandelt mit mir ein Win-Win?
- Wer liebt mich (und schätzt mich nicht nur für seine Zwecke)?
- Wer tut etwas für mich?
- Wer geht mir mir achtsam und nachfragend um?
- Täte mir eine eigene Insel gut? ein eiges Zuhause? eigene Räume?
- Bedeutet 'Schöner Wohnen' tatsächlich, den Partner aufzugeben?
- Wäre es heilend, an Weihnachten Mutter abzusagen?

Wäre es nicht gut, zum Umfeld willentlich auf Distanz zu gehen, damit man Raum und Unberührtheit fürs Eigene und Neue hat? Oder bin ich "Opfer" meiner Bedürftigkeit (negatives Konto) und so miese drauf, dass ich lieber im alten Bannkreis bleibe - UM NICHT MIT MIR ALLEINE SEIN ZU MÜSSEN?




Schluss:

Kann es sein, dass ich zu wund bin, mir wirkliche Ab'Schnitte zuzumuten (Trennung, Kündigung, Scheidung, Auszug, Hausverkauf, Ortswechsel, etc), damit ich aus der alten (Stuben)Ecke heraus käme, mich säubern und entstauben könnte, mich frisch aufstellen und präsentieren, um am neuen Platz, mit neuen Bezügen, neuem Umfeld, neuen Distanzen und Nähen, neuer Kraft und LAST BUT NOT LEAST EINEM NEUEN ERFAHREN VON WERTSCHÄTZUNG VOM UMFELD meine im Bauch fühlbare Veränderung umzusetzen bereit bin?

Herzlich fragt 
Jona Jakob



Nachtrag:

- Ich trenne mich neutral aber konsequent - will mich aber in 1-2 Jahren versöhnen
- Ich will Abstand - um mit neuer Kraft die Versöhnung zu finden
- Ich will eigenen Raum - um dich als Gast neu empfangen zu können
- Ich will mein Schiff - um dich neu beliefern zu können...
- Ich will meine Verträge - damit mir daherkommt, wen ich verantworten mag
- Ich will dich nicht - nicht weil ich dich nicht will...
- ich will dich schon - aber nicht so: Daher: Anschluss rauss, neu verlegen.

Das hat mit mir, mit dem Meinen, mit Wertschätzung und meinen Möglichkeiten zu tun - die müssen stark, gesund, fröhlich, mutig und 'unverarscht' sein. All das ist mir wichtig, richtig wichtig, damit ich dich unabhängig und ohne falschen Kitt lieben und annehmen kann. Meine gesunde Kraft weitet echte Toleranz, vertieft mein Verstehen und kräftigt meine Vorbehaltlosigkeit um annehmen zu können.

Eine Weile Trockendock hat noch keinem Schiff geschadet. Dort oder allein auf weiter See lässt sich was verändern. Im Dock das Schiff, auf See die Route. Wo aber nix passieren wird, da alle anderen an dir dran hängen, dass ist im "lieblichen" Umfeld deines alten Hafens.

Aye aye...