31.12.2012

Wenn geschaffenes Verstehen die Prägungen einer Hochbegabung wettmacht! Ideal.


Angekommen?

Ich danke dem Autoren für die Erlaubnis, den Text hier publizieren zu dürfen. Es handelt sich um eine persönliche Vorstellung in einem Internetforum zum Thema Hochbegabung. Der Autor steht mitten im Leben, ist also gestanden Erwachsener und ist beruflich engagiert.  
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Ich bin neu hier und daher ist es zunächst einmal angebracht, sich in wenigen Worten vorzustellen. Nur wer ist man selber eigentlich? Vermutlich denke ich viel zu viel, zumindest wird mir das andauernd nachgesagt. In der Arbeit muss ich zum Beispiel Fachkonzepte lesen, teils im Rahmen einer Qualitätssicherung, teils weil sie auch für mich eine Arbeitsgrundlage darstellen. Natürlich mache ich so etwas nicht völlig alleine, und so errege ich immer wieder Aufmerksamkeit durch meine Fragen. Irgendwo entdecke ich eben doch immer wieder die Lücken in einer längeren Argumentationskette oder mir fällt auf, dass feststehende Fachbegriffe etwas unorthodox angewendet werden. Nun, etwas als falsch hinzustellen, das kommt nicht immer gut an, also lasse ich es besser. Schließlich möchte ich nicht in die Rolle des ewigen Besserwissers geraten. Stattdessen bemühe ich mich bei Kritiken um einen "sokratischen" Ansatz, das heißt also Fragen stellen, um dem Gegenüber die Möglichkeit zu geben, seinen Fehler in Grazie bemerken und ausmerzen zu können. 

Was von mir erwartet wird ist die Fähigkeit, in (formalen) Modellen zu denken. Das hört sich einfach an, macht sogar Spaß, zumindest mir. Nun bin ich aber auch realistisch genug, von anderen keine ungeteilte Zustimmung zu erwarten. Modelle haben nun einmal als wesentliche Elemente Syntax und Semantik, sodass das Arbeiten mit ihnen Disziplin, aber auch sehr viel Vorstellungsvermögen erfordert. Und so ist es letztlich kein Wunder, dass das Arbeiten mit Modellen bei den meisten Menschen nicht gar so gut ankommt. Dabei hat das Modellieren auch ein sehr spielerisches Element. Gedanken und Ideen als Spielzeug, warum eigentlich nicht?  

Mir fällt generell auf, dass in vielen Diskussionen mit Vokabeln um sich geschmissen wird, deren Bedeutung offensichtlich nicht richtig verstanden wurde. Meist reicht ja schon eine ganz simple Verständnisfrage, um anschließend die merkwürdigsten Reaktionen erleben zu dürfen. Okay, ich nehme alles viel zu akribisch genau, kann mich in Details festbeißen - aber doch nur im Bemühen, das mir Gesagte verstehen zu wollen. Wer "Sherlock Holmes" gelesen hat, dem ist doch nur zu gut bekannt, dass sein Freund Dr. Watson sicherlich keine schlechten Beobachtungen macht und auch seine Schlussfolgerungen an sich nicht falsch sind. Das Dumme ist eben nur, dass er scheinbar unwichtigen Details nicht die angemessene Aufmerksamkeit schenkt.  

Auf der anderen Seite ist gerade das Weglassen von Details eines der wesentlichen Erfolgsgeheimnisse physikalischer Modellbildung. Es gibt eben nicht den EINEN Denkansatz, mit dem sich alle Probleme lösen lassen. Teilweise ist es völlig angemessen, mit schlichtem "Hand Waving" zu argumentieren während man sich an anderer Stelle wohl oder übel um das Detail bemühen muss. In mathematischen Beweisen ist dieser schnelle Wechsel absolut keine Seltenheit. 

Eine weitere Beobachtung: Ich interessiere mich für Informatik, (Versicherungs)mathematik und juristische Fragestellungen gleichermaßen. Eigentlich sollte diese Vielseitigkeit für den Arbeitgeber eine tolle Sache sein. Gleich drei Qualifikationen gegen die Zahlung eines einzigen Gehalts? So ein Angebot müsste doch eigentlich ein verlockendes Geschäft sein. Nur wird daraus leider nichts, denn im Fachbereich darf ich keine Informatik treiben und in der Anwendungsentwicklung keine Versicherungsmathematik. Zugegeben, ich vergaß einfach die Schubladen, wohl eher unter dem Begriff "Stellenbeschreibung" bekannt.  

Entgegen gängigen Vorurteilen interessiere ich mich auch noch für Sprachen, aber nicht so sehr für Fremdsprachen, sondern eher für die geschichtliche Entwicklung von Sprachen. Dabei kommt man dann sehr schnell darauf, das es sich bei Latein keineswegs um eine "tote" Sprache handelt. Sie hat sich eben nur weiterentwickelt, wobei sich dann die modernen romanischen Sprachrn herauskristallisiert haben. Vermutlich verhält sich,wenn man so will,  Französisch zu Latein wie Neuhochdeutsch zu Althochdeutsch. 

Gut, das war jetzt eine kleine Abschweifung, denn Thema diese Beitrags ist ja nicht Sprachgeschichte, sondern die Vorstellung des neuen Mitglieds.  

Sie sehen, ich habe bisher das Wort "Hochbegabung" nicht in den Mund genommen. Eigentlich ist es mir auch völlig egal, ob ich nun die Kriterien eines Hochbegabten erfülle. Ich bin nun einmal so wie ich bin. Sicher, In den Augen vieler Bekannter und Freunde durchdenke ich zu viele Entscheidungen, wohlwissend, dass es im Grunde genommen gar nicht einmal so schrecklich viele Überraschungen gibt, wie man gemeinhin annimmt. Wohl gemerkt, ich habe damit jetzt nicht gesagt, dass das Leben frei von Überraschungen sei. Aber mit etwas Nachdenken (jetzt werde ich vermutlich belächelt), lassen sich viele sogenannte Überraschungen aus dem Wege räumen oder zumindest naheliegende Vorkehrungen treffen. Ein möglicher Einwand gegen eine als "übertrieben" angesehene Vorausplanung seiner Handlungen könnte etwa lauten, dass man sich damit des eigentlich Spannenden im Leben beraubt. Ein derartiger Einwand ist ja gar nicht einmal von der Hand zu weisen, reicht mir persönlich aber nicht aus, eingefleischte Gewohnheiten abzulegen. Wem Nachdenken Spass macht, der wird es sich nun einmal nicht mehr abgewöhnen wollen.  

Was erwarte ich in dieser Gruppe? - Im Grunde genommen nur, Menschen kennenlernen zu dürfen, die über den doch sehr engen Tellerrand des Alltäglichen hinausdenken, die im Sinne der Aufklärung den Mut haben, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Wann immer ich glaube, eine Mehrheitsmeinung zu teilen, dann kann ich mich einer gewissen Skepsis kaum noch erwehren. Irgend etwas scheine ich dann vermutlich nicht bedacht zu haben. Den Mut zum Anderssein, den möchte ich mir einfach nicht nehmen lassen. Dennoch, ein paar wenige Gleichgesinnte schaden nicht. In diesem Sinne freue ich mich auf diese Gruppe und viele anregende Diskussionen. 

Liebe Grüße, 


Ich hatten den Wunsch, diesen Text hier zu veröffentlichen, weil an ihm mE relevante Aspekte erkennbar werden:

1: Der Autor pflegt mE ein engagiertes, waches Bewusstsein für sich selbst, aber auch hinsichtlich seines Umfeldes. Das ist die Form, wie ich mir als Coach einen Umgang mit dem Thema Hochbegabung vorstelle: keine Stigmatisierung sondern bewusster Umgang hin zum konkreten Handeln.

2: Man kann im Text erkennen, was die Normalowelt braucht, damit etwas brauchbar wird - man sieht aber auch, was man noch nutzen und potentieren könnte - wo also noch Chancen stecken, nimmt man sich die Mühe, einem Hochbegabten länger zuzuhören, bis man ihn verstanden hat. Das ist für die Normalowelt anstrenged, aber vielleicht gerade das Alleinerkennungsmerkmal innovativer Lösungen. 

3: Der Beitrag erzeugt mE eine Stimmung, eine Embiance, wo niemand bewertet wird. So können HB-Geprägte und Normalos einen guten Weg miteinander finden. Solcher Umgang, so mein Credo, fördert das gegenseitige Verständnis und damit das Vertrauen - .. und es macht Spass.

Herzlichen Dank.

Jona Jakob

28.08.2012

Neuer Blog zum Thema HB bzw. zum Thema Normalo

Hallo zusammen

Normalo'Welt - ... bei HB und HS

Für mich ist kaum umstösslich: Egal, wie ein Mensch ist, er wird nicht umherkommen, mit der Mitte auskommen zu müssen. Die Mitte, die gesellschafltiche Mitte, egal wie weit gefasst, bildet den Begriff des 'Normativen' - jemand kann der genialste bunte Hund sein, er wird durch diese Mitte müssen. In den allermeistens Fällen, jedenfalls.
Da ich persönlich Stärken darin habe, Geschehnisse und Verhältnisse menschlichen Erlebens zu erfassen, will ich versuchen zu 'zeigen', wie es sich für Menschen bei HB verhält, wenn sie diese Eigen'Art im Umfeld der Normalowelt erkennen und meistern müssen. Unten stehen ein paar Beispiele - die Sammlung finden Sie im Blog Normalo'Welt  
Willkommen also beim Brückenbauen.

Ich hoffe, es macht euch Spass und die eine oder andere Veranschaulichung hilft später im entsprechenden Moment. 

Was mich freut: Wenn ihr euch als Leser bei dem Blog anmelden mögt. 

Herzlich grüsst
Jona Jakob

19.08.2012

Eigentlicher Lösungsbereich bei HB

Sozusagen sämtliche "Lösungen" (= Lösungen, Rezepte, Anwendungen, Menuführungen, Konzepte, Produkte, Leitfäden, etc. etc sind für die 'Mehrheit' der Menschen gefertigt. Diese erfassen Angebote und Nutzen im hellblauen Bereich - dort ist der grösste Markt bei kleinstem Bedenken.

Die Normalo-Bandbreite bei HB

Das Fühlen, Denken und Handeln verläuft für Normalos in einer gewissen Bandbreite.
Im Zeitverlauf einer Stunde oder eines Tages, von Wochen oder Monaten und Jahren ergeht es dem Menschen bei HB etwa so: mehr fühlen, mehr wissen, mehr können, tiefer fühlen, unsicherer, versagen-obwohl-man-weiss ... bei HB schiesst das Leben oberhalb und unterhalb der Normalverteilung raus - ab da an fühlt sich Leben bei HB ungesehen, ungefühlt und unverstanden an (hellblaue Zonen).

23.07.2012

Meine Thesen für Hochbegabung

Sehr geehrte Leserinnen und Leser 

Eine Unzahl von Reflexionen und Gesprächen lässt mich meinen Blick auf ein Verstehen von Hochbegabung ändern - in der Folge notiere "Thesen", die noch zu prüfen sind. Ich gehe aber davon aus, dass diese Thesen, dieser Paradigmawechsel, mich in meiner Arbeit zukünftig bestimmen werden. 

Thesen zur Hochbegabung, von Jona Jakob 

  1. Hochbegabung ist Freiheit!
  2. Für Hochbegabung als Freiheit braucht es weniger Lösungen, sondern Entwicklung.
  3. Hochbegabung ist als Begriff nicht die Speerspitze der Thematik, sondern Freiheit ist der Begriff der Speerspitze. Hochbegabung ist eine Art Zugang zu dieser Freiheit.
  4. Umgang mit Freiheit bedarf eher der Persönlichkeitsentwicklung, denn der akuten Symptombehandlung der Betroffenheit.
  5. Ungemach, der einem durch Hochbegabung entsteht, ist nicht länger mein Blick auf das Thema. Ich kann Ungemach, der einem aus einer Hochbegabung entsteht, nicht aus der Welt reden - aber ich kann mein Verstehen, diesen zu klären, darin ändern, anstelle des Problems eine Chance zu sehen.
  6. Ungemachbehandlung ist Symptombehandlung.
  7. Freiheit ist ein Verstehen. Alle Miesemacherei, welche jeder Freiheit historisch seit eh widerfuhr, beweist , dass ihr unabhängige Qualität inne ist, die niemand zu bändigen vermag, auch wenn das unendlich versucht wurde und zu Millionen von Toten geführt hat - auch eh gerne erst einmal von Intellektuellen.
  8. Hochbegabung ist eine Freiheit - und ihre Form des Bestehens ist handhabbar, als dass diese Freiheit verstanden und angenommen wird. Sie wird nicht handhabbar, wenn der Oh'jeh-Blick auf sie darauf hinaus läuft, sich in der Sache zu krümmen, sich klein zu machen oder sonst wie in eine Norm pressen zu lassen.
  9. Die Hochbegabung als Freiheit ist eine Verantwortung.
  10. Die Limite dieser Freiheit ist Menschwerdung (Individuation).


Jona Jakob, 2012, Schweiz

06.06.2012

Coaching?

Möchten Sie sich verändern?

Sehr geehrte Leserinnen und Leser - Mein herzliches Grüezi. 
Persönlicher Erfolg ist nicht so leicht zu bestimmen. Jeder Mensch hat seine ganz eigene Wahrnehmung, was für  ihn Erfolg darstellt und diese Vorstellung verändert sich dazu mit den Jahren. Vermutlich ringt Ihnen die oben stehende Grafik ein Lachen ab. Sie ist so schön grotesk überzeichnet und dennoch fühlt es sich nach viel Wahrem an. Ob nun viele Wege nach Rom führen oder Gottes Wege unergründlich sind … Erfolg und das eigene Fortschreiten in einem sich wandelnden Leben ist und bleibt eine Art ‚Undurchsichtigkeit‘.

Für den Akt der Bewusstwerdung eine professionelle Fremdsicht und einen „Explorer“ (Coach) hinzu zu nehmen, kann nicht nur den Zugang zu Wegen, Chancen und Zielen erleichtern, in vielen Fällen werden auch unrentable und energieverzehrende Umwege aufgedeckt und verhindert.

Die obenstehende Darstellung zeigt sich in Coachingprozessen für einen jungen Menschen, z.B. einen Doktoranden, von selber komplexer „Verstrickung“ wie z.B. mit dem Doktorvater (Professor) umzugehen ist, wie für einen erfahrenen Erwachsenen, der mitten im Leben auf seine Jahre zurückblickt und z.B. „ganz neu anfangen“ möchte. Eine Standortanalyse oder ein zieldefiniertes Coaching haben den Nutzen, durch die Mitwirkung des Coaches die eigene Situationen zu analysieren, zu erkennen und nicht zuletzt zu klären.


The little next step - Der nächste Schritt

Oben, die Skizze zum Erfolg, das ist der Blick aufs „Aussen“. Die folgende Skizze geht einen Schritt weiter. Die Skizze unten, die ebenso ein Augenzwinkern darstellt, „zwickt“ meines Erachtens die eigene Wahrnehmung ein Stück stärker – sie verweist auf einen Umstand im „Innen“ .

Coaching setzt voraus, dass sich die Auftraggeberin bzw. der Auftraggeber verändern will. Das soll dann kein Lippenbekenntnis bleiben. Im Sinn von ‚Coaching‘ kann man sich in drei Bereichen verändern:
aufgabenbezogen (z.B. eine neue Stelle oder Herausforderung, Weiterbildung,
  Karriereschritt, etc. erreichen)
personenbezogen (z.B. neue Lust und Laune gewinnen, neue Gefühle und
  Lebenseindrücke finden, Motivation und Reason-why klären, Leben mögen, etc.)
prozessbezogen (z.B. endlich sparen, abnehmen wollen, besser telefonieren, erfolgreicher
  protokollieren, mehr verkaufen, weiser verhandeln, besser zuhören, etc.)
Entsprechend ist ein Coaching auf diese drei Felder „zentriert“, der Fokus liegt beim Ziel des jeweiligen Veränderungswillens. Damit wird bewusst, dass ein Coaching zum Ziel hat, sich selbst aus der alten Situation (IST) heraus zu arbeiten und durch Brüche, Richtungsänderungen, Bewusstwerdung und neue Gefühle die Bereitschaft aufzubauen, dem alten „Adé“  und dem neuen (SOLL) „Hallo“ zu sagen.
Das ist nicht immer schmerzfrei und ohne Anstrengungen – klar. Doch aus dem Nähkästchen geplaudert: Nichts ist so glücklich machend fühlbar und aufbauend, wie wenn Kunden vom Zauberhaften des neuen, veränderten Seins erzählen, wie stolz und dankbar zugleich sie sind, nicht mehr in vorheriger Lage verblieben zu sein, sondern nun wie „frisch gekämmt“ zu leben – Leben als einfühlbare Erfüllung - ein Glück und eine Zufriedenheit von viel Wert und in vielen Fällen von persönlichen und finanziellen Erfolgen begleitet.
Das ist meine Arbeit – ich begleite Menschen durch deren Veränderungsprozesse; In den letzten vier Jahren wurden es über 170 Mandate – Ich danke für das grosse Vertrauen.
Ob Sie selber ein Thema, eine Situation oder Ihre Ziele besprechen möchten, sei es die „comfort zone“ oder sogar, was „magic“ wäre? - das frage ich Sie!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlich grüsst
Jona Jakob

Zürich und Deutschschweiz: 
Meine Coachingpraxis liegt in Schlieren direkt an der Grenze zu Zürich und sie ist leicht erreichbar. Hier ist mein Arbeitsort, mein Netzwerk, meine Herkunft.
Frankfurt:
Interessentinnen und Interessenten für Frankfurt - bitte nehmen Sie mit mir Kontakt auf.
Deutschland:
Interessentinnen und Interessenten aus Deutschland, für Sie besteht eine gute Möglichkeit, per Skype in Kontakt zu treten. Nehmen Sie mit mir vorab Kontakt auf. Besten Danke. 
Alle Informationen zu meinen drei Angebote finden Sie unter 

25.05.2012

Wenn ich weit draussen nicht verstanden werde ...

Im Internet schrieb eine Frau folgenden Text zu ihren Gedanken und Empfindungen:
Hinweis: Ich danke der Autorin für die Freigabe des Textes. Was von ihr hier eingefügt wurde, ist kursiv abgebildet und anonymisiert. Es gibt ganz geringe Verkürzungen.

Auf dem Gipfel kann es einsam sein und es weht ein kalter Wind ...
Gelegentlich tritt mir das Bild dieses Thread-Titels in den Sinn. Natürlich muss es nicht immer ein kalter Wind sein. Er kann auch mal warm sein und ich fühle mich geborgen und alles ist ok. Und ... auf dem Gipfel zu stehen kann auch sehr schön sein...die Aussicht kann herrlich sein, der Rundumblick..und, dass alleine dort oben stehen, kann auch sehr schön sein, man hat seine absolute Ruhe und kann ganz für sich alleine ohne Unterbrechungen nutzen und genießen. 
Aber dann kommen die anderen Momente...wenn Antworten ausbleiben, oder Mitdenken, oder Austauschsmöglichkeit "auf Augenhöhe" - na, einfach aber auch, wenn das Verständnis für mein eigenes Anliegen ausbleibt oder ich keine Rückendeckung oder Unterstützung erhalten kann. 


Den eigenen Weg, nach den eigenen Wünschen aber auch Fähigkeiten ausrichten...Wenn keiner folgen kann oder möchte...dann kann es auf dem Gipfel schon etwas ungemütlicher werden. 

Was dann...weitergehen ... oder ...umkehren???? Nein, umkehren sicher nicht, obwohl es oft als eine Möglichkeit erscheint, die aber nichts verbessern würde.., also weitermachen ja...aber - vielleicht unter angenehmeren Bedingungen? 

Ja, ich werde mich dann mal auf dem Weg machen....Einige Ideen habe ich schon......Würde die praktische Umsetzung doch genau so rasch erfolgen, wie die erlangten intellektuellen Einsichten...:/ 

Wie geht es euch? Fühlt ihr euch wohl, auf eurem Gipfel? 

Liebe Grüße


Zu diesem Text verfasste ich einen Beitrag, der diese Empfindung, die sich bei HB-Geprägten oft zeigt, aufgreift und diese jedoch in eine weitere Betrachtungsweise stellen möchte - hier meine Antwort dazu:

Gegenüber einer Mitte
Eine an korrekter Stelle gehaltene Antwort wäre, auf XYs Beitrag einzugehen und zu versuchen, genau an ihre Stelle zu gelangen (Hi, XY, danke für deinen Beitrag). Um eine zweite Perspektive darlegen zu können, schreibe ich von dieser, so dass zwei Sichtweisen daliegen werden. Ich fange mal an:

Diese allenfalls kalte Einsamkeit der Unverstandenheit oder Gefolgschaftlosigkeit ist zum Thema HB ein bekanntes Phaenomen. Aus der Zahl meiner Fälle bei der Arbeit und meiner persönlichen Erfahrung ist das für mich, Jona, aber keine "Spitze", sondern "irgend eine Ecke der Unverstandenheit" (schreib ich jetzt mal so um zu pointieren).

Diese Ecke des 'Nochnichterreichtseins' liegt nicht immer 'an der Spitze'. Die kann genau so gut in den Abgründen der Satire, der Melancholie, der Traurigkeit, der Leere sein. Sie kann auch links oder rechts aussen liegen, bei fremden Ideen, kühner Fantasie, unerreichter Technologie (beam me up). Sie kann weit vorne liegen (klüger als der Doktorvater) oder am roten Licht hinten, beim letzten Zugwagen, weil man tiefstapelnd nicht willens ist, noch zu denken bzw. mitzumachen, so lange niemand verstehen mag. Und dann gibt es noch die einsame Spitze, ganz oben, zu gescheit, zu intellektuell, zu schnell, zu ganzheitlich. Kurz: diese Einsamkeit kann an ganz verschiedenen Stellen gegenüber EINER MITTE liegen, wie bei einer Pusteblume.



In einer Begleitung / Zusammenarbeit wäre es für die Person (bei uns / in diesem Thread hat XY diese Rolle) nun nur 'wirksam, wenn ich an die Blüte raus gehe, dort wo XY als "Fallschirmchen" (so haben wir die als Kinder genannt) offen ist und blüht und sie bei ihrem Flug begleiten. Ich wäre vom Thema her 'XY-zentriert' und würde auf Ihre Worte und Regungen eingehen .... -

... umso mit ihr Brücken zur Mitte (dort hin, von wo sie verstanden werden möchte) zu schaffen.

Ich will jedoch XY aussen vor lassen und auf den Umstand DIESER MITTE eingehen. Die Einsamkeit auf dem Gipfel oder sonst in irgend einer meiner Ecken entsteht aus dem Antipoden, der Mitte, dem Punkt/Ort/Zentrum, wo das Gross der denkenden, fühlenden und wahrnehmenden Mitmenschen verweilt und vor sich hin lebt. Für eine Einsamkeit braucht es ein Miteinander.

Vielmehr, als nun zu hoffen / glauben / denken, die Mitte würde irgendwann zu meiner Blüte hinaus (meine Ecke hin) aufschliessen, muss ich - da ich nur bei mir etwas verändern kann - zusehen, wie ich zu dieser Mitte gelange und dort gesund, stabil und konstant verweilen kann, so dass sich etwas erbaut (z.B. eine längere Anstellung, eine dauernde Beziehung, Ruhe und Freude im Familienumfeld, Erfolg bei Aufgaben und Ämtern, etc).

Zuletzt: Nun darf meine Bedürftigkeit, meine HB auszuleben (denken, lösen, wollen, etc, etc.) nicht das zu entstehende SOLIDE / KONSTANTE zerstören und immer wieder auflösen. 

Daher habe ich ein/e KünstlerIn in Sachen Selbst- und Fremdbedürfnisse zu werden. 
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Da in 'den soliden Pakten mit der Mitte' das Geldverdienen, die Existenzsicherung und mein berufliches und gesellschaftliches (siehe da, 'Gesell'schaft'liches) Fortkommen verankert ist, lohnt es sich in den meisten Fällen, zuerst (ist freigestellt) diesen Teilen "der Mitte" ihre Bedürfnisse zu stillen (Ordnung, Pünktlichkeit, Einfachheit, Zurückhaltung, Anpassung, etc) und am selben Tag noch als eine zweite Bedürfnisorientierung, für mich selber und die eigene Art zu sorgen (Theater, Philosophie, Kunstprojekte, Weiterbildung, etc).

Was ich sagen will: Ich kann zwar an der Aussenposition der Blüte mein Alleinsein ansehen und es gerne zum Thema machen, denn dort ist mE ein heikler und oft mühsamer Punkt, doch fürs Bestehen und auch für ein Stück Frieden ist mE bei allem die Mitte nicht ausser Acht zu lassen. Und es gilt - ganz wichtig - nicht "entweder oder", sondern "sowohl als auch".

Von mir persönlich: Ich vollziehe und manage für mich diese Zwei-Sicht-Orientierung in sehr erheblichem Mass. Ich gebe mir grösste Mühe, die Mitte von mir zu entlasten, in dem ich ihr entgegenkomme und ihr ihre Möglichkeiten nicht strapaziere - und gleichzu sehe und sorge ich bestens für mich (was nicht einfach ist, ok, aber es ist möglich). Das hat mich in den letzten Jahren enorm wachsen lassen, ganz besonders, was meine beiden Miteinander betrifft: die Mitte ist entspannter geworden, sie nehmen mich viel vertrauensvoller und geduldiger an, da ich mich dort reduziere und zurücknehme. Und auch die Aussenecken, egal in welche Richtung, können mit mir mehr und mehr, da wir dort gleichschwingen ...

... und uns anders verstehen, als mit den anderen.

Das ist weder grösser, besser, weiter oder schneller - es ist nur 'anders' ... und wenn eben alle anderen ok sind - dann habe ich entschieden, bin ich es auch.

Wir HBler sollten mE aus der Falle der Bedürfnisse heraus gelangen, hin zu hochgradigen MangerInnen von Bedürfnisbefriedigungen, für jene der anderen und für jene von uns selbst.

Das ist mein Betrachtungsansatz.

Lieben Dank
Jona Jakob

14.05.2012

Wenn mein Körper nicht da sein kann, wo mein Kopf meint, noch hin zu müssen


Hallo zusammen

Ich möchte von einer persönlichen Beobachtung schreiben, die ich mal mehr, mal weniger erfahre, beachten kann/muss oder weniger kann und eben dann auch "daneben" gerate.

Ausgangslage:

Ich muss vielleicht mit meinem Anteil Hochbegabung (HB) anfangen. Meine HB ist nicht sooo hoch, die liegt durchschnittlich bei 127. Dabei sind feinstoffliche Fähigkeiten, sowas wie 'Sehen/Fühlen/Wahrnehmen/Reflektieren/Fragen' höher angelegt, als Mathematisches/Logisches, und auch im Wahrnehmen 'ganzer/ganzheitlicher/prospektiver' Situationen habe ich grosse Stärken.

Diese Fähigkeiten geniesse ich und arbeite gerne damit, diese Fähigkeiten "drehen aber sozusagen im Leeren", wenn sie nicht "gefüttert/bedient/erfüllt" werden. Ist nix los, kann ich unbefriedigt aus der Spur geraten, weil mein Geist Wahrnehmbares bedarf und der dann keine Ruhe lässt, bis er wo was kriegt, das ihm seine Kopf- und Fühlarbeit befriedigt/erfüllt. Ich "suhle" mich gerne in der Satire, in der Melancholie, in Themen zur Macht, in Spitzfindigkeiten der Literatur, in Aphorismen, Texten, Subtextlichem (Zwischen den Zeilen Gemeintes), in der Kunst, der Provokation, dem Offenlassenden und der philosophischen Reflexion. Last but not least liebe ich daher alles Menschliche und Zwischenmenschliche.

Ist dieser Teil befriedigt, arbeite und leiste ich gut. Auch alle anderen Arbeiten, wie Administration, Ablage, Belege, Berichte, etc. etc. - alles, was banal aber notwendig ist, wird dann auch mit gutem Schwung angepackt und erledigt.



Problem:

Dem gegenüber, nun komme ich zum Anteil der Hochsensibilität, steht meine Physis, mein Körper, dessen Kopf wach oder lahm sein kann, dessen Körper sprungfit oder schwach wirkt, die Beine hüpfen oder bleischwer sind, dessen Geist wach oder schläfrig mein Handeln fördert oder bremst.

Sehr oft ist mein Körper nicht dort, wo mein Wachsein noch hin möchte.

Dann tut sich mir - so beschreibe ich das mal - eine Schere auf. Die HB-Anteile zerren mich suchend und wühlend nach Befriedigung des Geistes. Der Körper aber, nicht zuletzt von diesem HB-Gezerre, ermüdet, flüchtet, sackt in etwas Lethargie, Kraftlosigkeit und vernachlässigtem Tatendrang.

Das Resultat bei zu weit offener Schere dieser widersprüchlichen Dynamiken kann sein:
- Vernachlässigung der Pflichtarbeiten, selbst wichtige Dinge, lasse ich liegen
- Vor mich hinschieben von Pendenzen, Antworten, Transaktionen
- Prokrastination http://www.youtube.com/watch?v=UXziurFkQxM

In einer späteren, länger andauernden Unbefriedigung meiner HB folgen:
- Schlaflosigkeit
- Endloskonsum von TV, Internet, Presse (gottlob nix Schlimmeres, auch nicht Essen)
- Übellaunigkeit
- Körperliche Distanzierung gegenüber meiner Liebsten

Mein physischer Körper geht also irgendwie in einen Notzustand, der davor flüchtet, wichtige Grundlagen der Alltagsarbeit zu erfüllen, besonders im Arbeitsbereich. Ich habe keine Probleme, mich gepflegt, gesund und geordnet zu halten. Ich wirke nach Aussen ganz ok. Aber Arbeit, Papierkram, Kontakte bleiben liegen.

Lösungsschritte:

Ich musste lernen, die beiden Sphären meiner "Körperschaft"
1. zu beobachten und zu analysieren (welche Anzeichen bedeuten was?)
2. so zu handhaben, dass sie "ideal(er)" gemanaged werden
3. in ihren interaktiven Wirkungen in wechselnde Prioritäten zu kriegen

Ich bin glücklicherweise ein Frei'Schaffender - ich kann viele Momente freier bestimmen, als wenn ich Angestellter wäre.

Was wurden meine Rezepte, um mein Gleichgewicht möglichst ideal zu halten?:

- So, wie es bei der Ernährungskunde heisst, "5 kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt", mache ich viel mehr Pausen, in denen ich richtig schlafe. Ich kann 15Min-schlafen, 1 h schlafen, 3 h schlafen. Ich wache auf und bin fit. Da ist dann ein richtig gutes Gefühl da und ich habe volle Präsenz.

- Ich esse viel weniger als früher, was mich entlastet, ob essend, verdauend und auch ausscheidend. Ich trinke viel mehr. Das ganze Thema hat in meinem Aufgabenkorb um 50% an Anteil verloren.

- Ich kleide mich einfacher, um den Aufwand in allem zu reduzieren.

- Sehr gut tun mir die Gänge mit Phibi, unserem kleinen Hund. Gehen taktet das Gehirn. Zudem nehmen auf der Gasse die Dinge eine entferntere Distanz ein, ob mit dem Auge betrachtet, mit dem Ohren gehört, mit der Haut empfunden und last but not least mit dem Kopf reflektiert.

- Ich spiele mehr, ob mit dem Hund, einem Ball oder sonst einer solchen Ablenkung, damit ich mein Wesen mit Zweckfreiheit tanke.

- Ich schaue, dass ich immer fitter werde, in allem und jedem (aber nicht verbissen, mehr im Sinn von "Slow"). Das heisst, ich sorge gut für mich, wellness ist da auch drin.

- Ich suche nach alle möglichen Formen geistiger Nahrung (mE keine leichte Aufgabe)

Resultate:

Denn bei mir zeigt sich: Wenn ich meinen physischen Körper gut pflege, habe ich mehr Energiekapazität für BEIDES: die Nährung der HB-Anteile sowie die Pflege meiner Alltagstätigkeiten. Ich bin besser "bereit" oder eben, ich kann "dort sein", wo mich mein Geist braucht und die Schere schliesst sich zu einer gemitteten Einheit - und die leistet mE Hervorragendes.

Ob also hohe Sensibilität oder Begabung - beides kann und wird mich weiterhin aus der Spur bringen, wenn ich nicht ideal und sehr persönlich dafür sorge, dass ich (m)einen Idealzustand erreiche - egal wie komisch das für andere wirken mag. Bin ich in meiner Mitte bzw. bin ich ausgependelt und gut drauf, kriege ich dieses 'Mehr' an Fähigkeit in die Arbeit, in meine Begegnungen, in meine Beiträge und in meine Herzlichkeit. Dann mag ich mich sehr und bin für alles offen. Dann stimme ich und bin mein Ding wert.

So will ich weiter sehen, was ich tun kann.

Und ich bin gespannt, ob das jemandem von euch auch so oder ähnlich geht?

Wie ich meine HB aktuell nähre? Ich lese mir wichtige Bücher nach 10 - 20 Jahren ein zweites Mal, um zu sehen, ob ich sie damals richtig oder anders verstand und was mir deren Inhalte heute noch sagen. Ich brauche für ein Buch 1-3 Tage - der Gewinn an Reflexion ist mE enorm. Ok, ich belästige dann andere mit Themen, welche sie nirgendwo zuordnen können, aber das ist ein anderes Thema ... :-))

Wie geht es euch damit?

Herzlich grüsst

Jona Jakob

17.04.2012

Gastbeitrag für HSP: Ein Wahnsinns-Tag


Ein Wahnsinns-Tag

Der Wecker klingelt mich endgültig aus meinem wohl verdienten, aber viel zu kurzen Osterurlaub. Ein Blick in den Spiegel verrät mir Neuigkeiten: Unterschlaf und Unterlust. Na dann, herzlich Willkommen in Ihrem Bad, bitte betreten Sie jetzt die Dusche. Schnell den Dienstwagen holen, der soll nach dem Reifenwechsel wieder mit. Der Smart ist wie immer Ohren betäubend laut und die Lüftung brüllt mich an. Aber die Sonne scheint und schenkt mir Zuversicht. Es wird ein schöner Tag – wird es ein schöner Tag? Wir werden sehen. 


Vor dem Büro noch schnell in die Bezirkshandlung. Als Beraterin für glückliche Kunststoffhaushaltswarenbesitzerinnen und –besitzer brauche ich noch ein paar Muster. Donnerstag ist meine letzte Party. Zum Glück sind die meisten noch müde, so dass keine allzu lauten Unterhaltungen einen Nachhall zur Fahrt bewirken. Ich bin an der Reihe. Lagerkollegin 1: „Muster? Warte mal.“ Lagerkollegin 2 (von ganz hinten in zarter Lagerstimmenfärbung): „Es gibt keine Muster mehr. Heute ist Neuvorstellung.“ Lagerkollegin 1: „Ja, heute ist Neuvorstellung.“ „Ja, ich weiß, das war aber abgesprochen.“ Lagerkollegin 2 (immer noch von hinten): „Du weißt doch, dass heute Neuvorstellung ist.“ „Ja, ich…“ Lagerkollegin 1: „Dann gibt’s keine Muster mehr“ „Ja, ich weiß, aber …“ Von hinten fliegen Kartons. „MIST!“ – offenbar nicht freiwillig, aber jetzt, denn mindestens einer bekommt einen lautstarken Tritt obendrauf. Lagerkollegin 1: „Brauchst Du sonst noch was?“ „Sonst? Ja, ich brauche 10 Gästegeschenke.“ „Sind aus.“ Die restlichen Kartons fliegen hinterher, die Eisentür macht mit. „Aus?“ „Aus.“ 

Der rüttelige Ohrensmart überwindet alle meine inneren Widerstände und bringt mich an das Ziel meiner Albträume. Natürlich funktioniert der Rechner nicht. Mein Kollege wird hektisch – kein Problem, als die Ruhe in Person kann ich das an Tagen wie diesen gut abfedern. Netzwerkkabel austauschen, auf geht’s. Die Kollegen aus den Nachbarbüros treffen nach und nach ein, verschwinden in der Küche und holen sich erst einmal einen Kaffee. Gefühlt entscheidet sich jeder für den Becher ganz hinten unten. 

Die schwere Eicheneingangstür im Erdgeschoss fällt noch einmal aufdringlich ins Schloss, dann wird es ruhiger auf dem Flur und ich kann mich meiner Arbeit widmen. Voller Abscheu sehen der überaus langweilige Papierstapel und ich uns an. Wir können uns nicht leiden, glücklicherweise beruht das auf Gegenseitigkeit. Ich wende die alte List an: Stapel wegarbeiten, dann habe ich gewonnen. Die Motivation dazu klappt immer phasenweise. Die Tür unten fällt wieder zu. Es ist ruhig. JUHUUUU!! Das ist mein Tinnitus, froh, endlich mal wieder Gehör bei mir zu finden und freut sich schon auf den Wettstreit mit der Rechnerlüftung. Wie die Kinder – ehrlich, sie wollen einfach nicht verstehen, dass beide so lange weitermachen, bis der Stecker gezogen wird – dem Rechner oder mir. Und beides habe ich nicht vor. 

Gibt es eigentlich einen Preis für den Mann, der mit seinem Husten als erstes eine Wand zum Einsturz bringt? „Nein, nein, es geht mir gut, Sie hätten mich mal letzte Woche hören sollen. Da hatte ich richtig Husten.“ Nein, danke, wirklich kein Bedarf. Aber ich bringe noch ein „Sie Armer, wollen Sie einen grünen Tee?“ raus. Ich bin ja mitfühlend. Er lehnt dankend ab. Unten fällt die Tür ins Schloss. 

Die Telefone in den Nachbarbüros wollen nicht still stehen, ebenso wenig wie die Kolleginnen, die ihre Pumps über den Holzfußboden spazieren tragen. Und gern auch mal an meinem Büro vorbei, die Holztreppe hinunter ins Erdgeschoss. Und wieder hoch natürlich. Unten fällt die Tür ins Schloss. 

12:00 Uhr – Besprechung bei meinem Kollegen. Plötzlich steht eine Kollegin aus dem Nachbarsbüro hinter mir. „Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken.“ „Tun Sie nicht, mach ich immer selbst.“ Fragender Blick. Unten fällt die Tür ins Schloss. 

12:30 Uhr – mein Kollege muss los. Haut die Tür zu, er ist spät dran. Runter, raus, die Tür fällt ins Schloss. Die Tür geht wieder auf, er rast die Treppe wieder hoch, stockt, murmelt „was vergessen“, reißt die Tür auf, haut sie wieder zu, murmelt „jetzt aber“, springt die Treppe runter, raus, die Tür fällt ins Schloss. Es ist eine Gabe. 

Weiter im Text – Mails lesen. „Hallo! Ich habe gehört, Sie hatten Urlaub! Ich hoffe, es war schön! Bitte melden Sie sich doch mal! Hat aber Zeit!“ Warum brüllt die so? 

13:00 Uhr – Mittagspause. Im Discounter um die Ecke noch ein paar Sachen einkaufen. Versteht sich wohl, dass mit sich selbst redenden Warenverräumern Dosen aus dem Regal fallen. Die beiden niedlichen Wonneproppen hinter mir kreischen vor Vergnügen. Der adrette junge Mann in der Kasse vor mir versorgt sich mit seiner Ration Kräuterschnaps. Gestern Abend würde ich tippen, gabs zum Abendbrot eher Bier und Zigaretten, weniger frische Luft und erst recht keine Seife. 

Wie nett, der sirenisierte Krankenwagen wartet, bis ich aus dem Laden trete und gerade mit einer großen Einatmung versuche, den Typen vor mir aus der Nase zu bekommen. Ist es eine Gabe? Es ist eine Gabe, höre ich mich. 

Ich öffne die Tür und während ich die Treppe hinauf gehe, fällt sie voller Wucht in ihren Rahmen. Das Herz sackt mir in die Knie, aber da komme ich gut ran. Zwei Nachbarskolleginnen kommen mir auf der engen Treppe entgegen, sie amüsieren sich prächtig und haben sich zur Feier des Tages zum Mittag noch einmal ordentlich eingesprüht (wie wird das Essen schmecken?). Hinter mir läuft eine weitere Kollegin. Schwerfällig stapft sie mit ihren hohen Hacken die Holzstufen hoch. Ich flüchte aufs Klo, wo mir der Geruch von parfümiertem Toilettenpapier entgegenwabert. Winterduft – eine eklige Mischung aus Vanille und Kokos. Hoffentlich riecht mein Po nicht so. 

13:30 Uhr – der Salat versucht mich tapfer anzulächeln. Meine Nerven liegen blank, aber ich weiß genau, esse ich jetzt nicht, kriege ich auch noch schlechte Laune. Das braucht kein Mensch. Unten fällt die Tür ins Schloss. 

Nach einer Nerven aufreibenden halben Stunde, in der sich die Nachbarskolleginnen ein Treppenduell geliefert haben, ist jetzt wieder Ruhe. Bis auf Tinni, der kriegt wieder Oberwasser. 

Ich kann mich wieder dem langweiligsten aller Papierstapel zuwenden und bin mir über eines klar: Wäre mein Optimismus nicht – ich würde denken, das ist ein Wahnsinns-Tag. Und er ist noch nicht einmal halb um. 

Aber: Es ist eine Gabe. 


Jasmin G.


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Meinen herzlichen Dank  an die Autorin: Jasmin G., welche zusagte, den Beitrag hier veröffentlichen zu dürfen. Mir persönlich ist der Beitrag wichtig. Er zeigt mir, wie sehr Emissionen das Leben mit Hochsensibilität belangen. Es mag für dieses feine Wahrnehmen, Sehen und Schreiben eine Gabe sein, es zeigt auch, wie das Selbe anderen Menschen gar nicht erst ins Bewusstsein dringt, und es mag zur Energie verzehrenden Tortour werden, für die und den, der das alles mit- und abbekommt. 


Doch der wirkliche Schmerz, das was weh tut, ist, dass die "Anderen", jene, die das gar nicht merken, es auch nicht sehen und damit nicht verstehen können. Egal, ob es für eine HSP eine grosse Freude, eine Lust, ein Glück oder ein Leid, ein Schmerz, ein Nicht-Sehen und damit ein Unverstehen ist ... die "Anderen" kommen nicht an uns heran, nicht ganz, nicht Ansatzweise - einfach mit nichts. Es fehlen uns Welten, um von denen ganz gesehen und verstanden werden zu können. Und dieses Nicht-Gesehen-Werden ist es, was ohmächtig machen kann. Daher auch die Wichtigkeit dieses Beitrages - weil wer es wie Jasmin erlebt, sieht und fühlt sich gleich verstanden - ein empathisches Wohlgefühl der seltenen Art und mE von grosser Wonne. Danke Jasmin.


Der Kommentar oben ist subjektiv mein persönliches Wahrnehmen. 


Beste Grüsse
Jona Jakob

12.04.2012

Neue Paarbeziehungen und GFK-Ursprünge


Eine persönliche Beobachtung aus meinen Erfahrungen mit GFK - Gewaltfreie Kommunikation:

Guten Morgen

Es sind nun über zwei Jahre, dass ich in Berührung mit GFK kam. In dieser Zeit besuchte ich mehrfach Grund- und Einsteigerseminare. Ich hatte kein Bedürfnis nach neuen Inputs für Fortgeschrittene, sondern wollte dort bleiben, wo der Anfang war.

Die grösste Wirkung, so mein Empfinden, geht von dem Selbst-Einfühlen bzw. Selbst-Erfühlen (schreib ich mal so) meiner eigenen Gefühle und meiner tiefen Bedürfnisse aus.  Wir haben im ersten Schritt eine Situation und dann gleich frage ich: Wie fühlt sich das für mich an? Was ist mein Bedürfnis?

Diese beiden kleinen Fragen öffneten mir in den zwei Jahren Kosmen meines Innersten. Ich weiss heute mehr über mich, als je. Und ich fühle jeden Tag besser, was meine Bedürfnisse sind. So viel zu meiner Situation als Einzelperson.

Seit vielleicht einem Jahr meine ich etwas zu beobachten:

a) Ich vernehme immer wieder das Bedürfnis von Einsteigerinnen und Einsteigern: Wo kann ich nun Leute finden, die 'so' kommunizieren und sich 'so offen' im Kontakt zeigen mögen? Und kann es sein, dass sich damit mein Freundeskreis, meine Kontakte und Beziehungen verändern/ ausgewechselt werden?

Das Bedürfnis würde ich beschreiben: >> Wie kann ich nun in dieser Kontaktform bleiben? Wer lebt das mit mir, so dass es mir/uns nicht verloren geht? <<

b) Die zweite Beobachtung: Aus meinen Kontakten gibt es zur Zeit ca. 8 Paare/Pärchen, welche sich aus dem Wunsch nach Kontakt, Bedürfnisorientierung, Verständnis, Annahme und GF-Kommunikation allenfalls von vormaligen Partnern trennten UND ganz besonders: sich mit einem neuen Partner bzw. Partnerin neu verliebten, weil man mit jenem neuen Menschen in jener Kontaktform leben und teilen kann, so dass einem diese wunderbare Beziehungs'Kunst nicht verloren geht.  Damit erfüllen sich nicht nur die Parameter der vier Schritte - nein, am wichtigsten erfüllt sich mE die Bedingung der 'Gegenseitigkeit per Miteinander'.

Gehe ich zum Bedürfnis nach Kontakten zurück, stellte ich mir eher vor, Leute zu kennen, Gruppen, etc. - doch nun habe ich aktuell 8 Paare um mich herum, verliebte und lebensfreudige Paare, die auf ganz andere Weise von Glück und Erfüllung erzählen …  und ich komme nicht umhin zu vermuten, dass das intime Teilen, ob im Gespräch, im Alltagsleben oder in der Liebe selbst von jener GANZHEITLICHEN WERTSCHÄTZUNG ist, welche seit langer Zeit ersehnt wurde.

Die Form als "Paar" wird (so meine These/Vermutung) vielleicht eher vorgezogen, als offene Kontakte, weil die Erschliessung der Erfahrung mit dem Wohltun der GFK auf diese Weise am ganzheitlichsten und tiefsten erfahren werden kann. Der Partner mit GFK-Gewandtheit könnte das stärkste (Heil-)mittel fürs Erfüllen sein.


Vermutungen in die Zukunft:

Es fällt mir nicht schwer zu vermuten, dass über eine erste Welle der Befried(ig)ung der Bedürfnisse durch eine Partnerschaft sich ein Weg auftut, mit anderen, offenen Kontakten oder sogar mit dem Umfeld der Arbeitswelt auf diese Weise in Kontakt zu treten - allenfalls als eigener "Promoter / Lokomotiven", welche die GFK sorgsam unter die Leute bringen.

Ob es abschliessend krude ist, sollen Sie als Leserin und Leser für sich selber entscheiden, doch an den Enden der Seminarien für GFK sitzen mE "Neulinge" in ihren Gefühlen und SEHNEN sich! Daraus nun zu folgern, GFK-Seminare könnten "Start-Input" zur Erfüllung von Leben und Liebe sein, bis hin zur neuen Partnerschaft, das will ich zwar nicht behaupten, aber als Beobachtung scheint es sich zu zeigen.

Vielleicht mache ja nur ich diese Beobachtung …. :-)

Beste Grüsse
Jona Jakob

05.02.2012

"Betroffenheit" als Resultat - Wenn Macht sich dauernd produziert.


Sehr geehrte Leserinnen und Leser

Ich erhielt in einem anderen Zusammenhang die Zitate von Foucault. Sie zielen auf einen bestimmten Blick auf das "Entstehen von Macht und dessen Wirkung" ab.

Wenn ich nicht falsch projeziere, ergeben für mich viele Beiträge zur Hochsensibilität und Hochbegabung eine Aussage wie "zurückgeworfen, abgelehnt und damit betroffen" zu sein - wovon auch immer: Rücksichtslosigkeit, Ablehnung wegen Unverständnis, Zuweisungen, Abwertungen, zu viel Lärm, Gestank, Information, Geschmack, Druck, etc. Eigentlich ein Machtmoment: Jemand macht sich breit und achtet sich nicht. Folge davon: die HB/HS-Person "leidet"  darunter.

Würde meine Beobachtung zutreffen, müsste es möglich sein, die "Machtsituation" gleich erkennen zu können und damit auch, dagegen anzugehen, so dass ich mich schützen und allenfalls auch wehren bis verteidigen kann. Sogar die Prävention ist mir denkbar.

Hier erst einmal Foucaults Zitate:

EIN PAAR ZITATE VON MICHEL FOUCAULT


Man sage nicht, die Seele sei eine Illusion oder ein ideologischer Begriff. Sie existiert, sie hat eine Wirklichkeit, sie wird ständig produziert – um den Körper, am Körper, im Körper – durch Machtausübung an jenen, die man bestraft, und in einem allgemeineren Sinne an jenen, die man überwacht, dressiert und korrigiert, an den Wahnsinnigen, den Kindern, den Schülern, den Kolonisierten, an denen, die man an einen Produktionsapparat bindet und ein Leben lang kontrolliert. [...] 


Diese wirkliche und unkörperliche Seele ist keine Substanz; sie ist das Element, in welchem sich die Wirkungen einer bestimmten Macht und der Gegenstandsbezug eines Wissens miteinander verschränken; [...]. 


Über diese Verzahnung von Machtwirklichkeit und Wissensgegenstand hat man verschiedene Begriffe und Untersuchungsbereiche konstruiert: Psyche, Subjektivität, Persönlichkeit, Bewußtsein, Gewissen usw.; man hat darauf wissenschaftliche Techniken und Diskurse erbaut; man hat darauf die moralischen Ansprüche des Humanismus gegründet. Doch täusche man sich nicht: man hat an die Stelle der Seele, der Illusion der Theologen, nicht einen wirklichen Menschen, einen Gegenstand des Wissens, der philosophischen Reflexion oder technischen Intervention, gesetzt. Der Mensch, von dem man uns spricht und zu dessen Befreiung man einlädt, ist bereits in sich das Resultat einer Unterwerfung, die viel tiefer ist als er. Eine „Seele“ wohnt in ihm und schafft ihm eine Existenz, die selber ein Stück der Herrschaft ist, welche die Macht über den Körper ausübt. Die Seele: Effekt und Instrument einer politischen Anatomie. Die Seele: Gefängnis des Körpers.
Foucault, Michel (1994): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses . Übers. von Walter Seitter. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 41f. OA: Surveiller et punir. Naissance de la prison. Paris 1975


Das Wort Subjekt hat einen zweifachen Sinn: vermittels Kontrolle und Abhängigkeit jemandem unterworfen sein und durch Bewußtsein und Selbsterkenntnis seiner eigenen Identität verhaftet sein. Beide Bedeutungen unterstellen eine Form von Macht, die einen unterwirft und zu jemandes Subjekt macht.
Foucault, Michel (1987): Das Subjekt und die Macht. Übers. von Claus Rath und Ulrich Raulff. In: Dreyfus, Hubert L.; Rabinow, Paul: Michel Foucault. Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik. Frankfurt a. M.: Athenäum, S. 246f.


"Die Aufklärung, welche die Freiheiten entdeckt hat, hat auch die Disziplinen erfunden." - Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Suhrkamp Verlag Frankfurt/Main 1994, 1. Auflage, ISBN 978-3-518-38771-9, S. 285R


"Die Macht ist nicht etwas, was man erwirbt, wegnimmt, teilt, was man bewahrt oder verliert; die Macht ist etwas, was sich von unzähligen Punkten aus und im Spiel ungleicher und beweglicher Beziehungen vollzieht." - 
Sexualität und Wahrheit. Der Wille zum Wissen. Suhrkamp Verlag Frankfurt/Main 1983, 1. Auflage, ISBN 978-3-518-28316-5, S. 94.


"Macht ist ein produktives Prinzip in der Gesellschaft. Sie bringt Wissen hervor, erschafft durch ihre Kontrolle das Individuum und ganze Institutionen und Techniken." - Überwachen und Strafen, 1975
Wenn ich mir also bewusst mache, dass Macht keine statische Bestimmung ist, sondern ein fortwährend neu entstehender und immerwährender, dynamischer Prozess, dann habe ich eine viel grössere Chance, die nächste Situation selber zu bestimmen, zu gestalten und so zu "mach(t)en", dass es sich für mich besser leben lässt - ich bin nicht mehr durch ein statisches Machtverhältnis bestimmt (jedenfall weniger).

Was will uns Foucault sagen? Er sagt: Es gibt gar keinen Raum, in welchem wir ohne Verhältnis wären. Wir stehen dauernd in Verhältnissen, ob im Aussen zu Anderen und Anderem oder im Innen, im Verhältnis zu uns selbst, als Identität und als Selbstverwirklichung (Profil).

Wenn wir IMMER im Verhältnis stehen, besteht IMMER ein Kräftezehren - man könnte es "Wettbewerb" nennen. In diesem Wirken des Wettbewerbsmomentes zwischen den Verhältnissen, egal von wem zu wem, lebt das Moment der Macht: Wer ist die/der Stärkere? Wer bestimmt den Moment? Wer weist dem anderen das unmittelbare Sein zu?

Wenn ich mir also bewusst mache, dass Macht keine statische Bestimmung ist, sondern ein fortwährend neu entstehender und immerwährender, dynamischer Prozess, dann habe ich eine viel grössere Chance, die nächste Situation selber zu bestimmen, zu gestalten und so zu "mach(t)en", dass es sich für mich besser leben lässt - ich bin nicht mehr durch ein statisches Machtverhältnis bestimmt (jedenfall weniger).

Ich finde das eine immens wichtige Erkenntnis, um sich mit seiner eigenen Situation für sich und im Bezug zu den anderen innerlich zu orientieren und zu verhalten - ich bin mit meiner HB/HS nicht unweigerlich irgendwie "Opfer", nein, ich habe Möglichkeiten der Umgestaltung.

Herzlich grüsst
Jona Jakob

01.02.2012

Verlinkung: Vertrauen als Ressource

Sehr geehrte Leserinnen und Leser

Mit diesem Link geraten Sie zu meinem zweiten Blog. Dort publiziere ich vermehrt Coachingthemen und Gedanken zur Persönlichkeitsentwicklung oder dem Meistern des Lebens selbst.

Diesmal geht es darum, dass Vertrauen keine Abhängigkeit sein muss sondern eine Ressource sein kann:

http://jonajakob.blogspot.com/2012/02/vertrauen-als-eigene-ressource-ein.html

Viel Lesespass und beste Grüsse

Jona Jakob

13.01.2012

Aus einer Dauer des Guten "überfordert" (zu HS)


Liebe Leserinnen, liebe Leser

In den letzten Jahren hat sich meine Situation verändert. War ich noch vor Jahren eine alerte Seele, so konnte ich das durch viel Erkenntnis, Achtsamkeit und Kleinarbeit gut verarbeiten und vieles, worauf ich früher noch reagierte, ist für mich aus der Welt. Ich 'meine', ich bin für mich richtig gut geworden - ich meine, ich hätte meine HS so weit so gut im Griff.

Es mag eine Wiederholung der Wiederholung sein, was ich nun schreibe.

Ich hatte im Dezember arbeitsame Wochen. Ich arbeitete jeweils bis Freitag und dann reiste ich abends nach Frankfurt. An den beiden Festtagewochenenden waren wir, meine Partnerin und ich, zwar easy organisiert und konnte wirklich entspannt durch die Tage und Anlässe, doch es war immer was los. Wunderbare Weihnachten. Zwischen den Jahren dann wieder in Zürich. Rückreise am Freitag. Samstag Silvester - wir waren zu einer Party im Frankfurt Sachsenhausen eingeladen. Alles easy - wie es schien.

Die wirklich lässige Party mit angenehmen Menschen war im Gange, als Elke bemerkt: "Kannst du da sein? - Wie geht es dir? Du wirkst, als wärst du nicht wirklich da."

Ich war überrascht, meinte ich doch, ich würde mich wohl fühlen und ich würde den Abend sehr geniessen. Ich antwortete: "Weiss nicht. Mir scheint alles in Ordnung - bin über dein Bedenken ganz überrascht."

Wir feierten mit den durchaus kommunikativen Gästen - im Rückblick aber muss ich erkennen: Ich riss mich bereits höflich zusammen. Es gab keine Störung oder irgend das Kleinste, was von der Party oder den Leuten ausgegangen wäre .... dennoch war ich - so muss ich es heute erkennen, längst "belastet" - da über Wochen immer etwas war oder anders gesagt: es gab in dieser Zeit keine Tage ohne Menschen und ohne Anlässe, es gab für mich keine Pausen. Meine "Empfangsbereitschaft" war dem Nullpunkt nahe und ich merkte es nicht.

Um 23.30 Uhr machten wir uns alle auf den Weg und verlegten die Gesellschaft von ca. 20 Personen in Richtung Main-Ufer, wo aufs neues Jahr angestossen werden sollte. Zuvor ich zu Elke: "Lass uns danach nicht mehr zurückkommen - ich würde nach der Böllerei gerne nach Hause." (....ich war da schon latent auf einem französischen Abgang).

Um 23.45 sind wir am Mainufer und es kracht von Feuerwerk, wie ich es noch nie erlebt habe. Wir schaffen es gerade, um 00:00 Uhr noch anzustossen und uns zu beglückwünschen, aber da geht das Getöse mit den Feuerwerkskörpern so immens los, dass man wegen des Rauchs zum Teil nur noch unter drei Metern weit sah. Viel Menschen zündeten Zeugs an, obwohl sie mitten unter Menschen standen. Floh ich wohin, wo es noch Platz hatte, war das genau jene Freifläche, auf welche die Leute ihr Feuerwerk hinwarfen - ein Minenfeld erster Güte.

Ich bekam Angst.

Ich spürte, dass ich Elke nicht wirklich mehr beschützen konnte.

Ich verlor jeden Draht zu den Gästen und Gastgebern.

Ich wusste nicht, wie lange ich diesen Rauch einatmen könnte.

Es wurde mir immer gefährlicher und riskanter.

Auf 3 Meter war nichts mehr zu sehen.

Das Risiko, an Händen oder im Gesicht verletzt zu werden, schien mir zu steigen.

Ich spürte sowas wie 'Ohnmacht', nicht zu wissen, wann Elke oder ich im Sinne des Kreilaufes nicht mehr aufrecht bleiben könnten.

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Ich nahm sie bei der Hand und floh - so schnell und so konsequent wie möglich.

Kein Blick zurück.

Keine Verabschiedung.

Kein Bescheid an die Verbliebenen (blöd und peinlich, für einen Coach, nicht?)

Ich wollte uns nur noch heil da raus bringen und wohin, wo Ruhe war.

Ich dankte Gott, als ein freies Taxi uns auf einen anderen Stern beamte.

Ich war noch den ganzen Sonntag verstört.

... und schämte mich, mich nicht von den Gästen und den Gastgebern verabschiedet, noch sonst einen Bescheid gegeben zu haben ... (später erfuhr ich, dass Elke das längst für mich und uns getan hatte).

Aber eigentlich hatte ich versagt. Mein Auf und Davon war stärker als das soziale Moment.

-

Ja, ich war schlicht überfordert.

Aber von welcher Art war ich überfordert?

Was machte mein 'Abtreten', meinen fluchtartigen Abgang qualitativ und strukturell aus?

Es war nicht die Böllerei in der Situation als solche. Es war die schleichende Überforderung, auch mit schönen und genüsslichen Festtagen ohne Pause von einem Anlass zum anderen gelangt zu sein, dazwischen arbeitend, einkaufen, organisierend. Alles flutsche und lief ohne den kleinsten Konflikt ab ... alles insgesamt hatte mir längst meine "Präsenzenergie" aufgezehrt - als ich an den Silvesterabend ging, war ich bereits eine Hülle.

Das hatte ich nicht rechtzeitig erkannt.

Ich werde meine Lehren  daraus ziehen.

Ich danke meiner Liebsten, dass sie die notwendige Contenance behielt und uns korrekt aus dem Geschehnis brachte. Sie ist ein Engel und eben meine bessere zweite Hälfte. Danke.

Mea culpa.

Jona

P.S. Um ca. 18.30 Uhr lag ich auf dem Sofa, gegen 20.30 wollten wir an die Party. Ich hatte dort den Gedanken und auch das Gefühl: "Auch wenn heute Silvester ist, am liebsten würde ich jetzt zu Hause bleiben und abhängen" - in dem Moment hörte ich nicht auf mich und meine Bedürfnisse - ich folgte der Konvention der "Einladung". Das ist - bei solchen Folgen - immer wieder schwer abzuwägen bzw. einzuschätzen, gerade für Sensible.