07.11.2014

Im Konkliktfall anhand der Eskalation allenfalls andere Bedürfnisse erkennen

Hallo zusammen

Ich möchte beschreiben, was sich für mich erst in diesem Alter geklärt hat und was vielleicht jemandem dienlich sein kann.

Es geht darum, weshalb ich, wenn ich sauer werde, eklig, genervt bin oder Kummer schiebe, ich über viele Jahre in zusätzlichen Streit mit meinen Nächsten, Partnerinnen, mit der Mutter kam und was ich bisher nie verständlich machen konnte, da mich in dem Moment die Nächsten nicht "so" verstanden, wie ich es gebraucht hätte.

Wie es bisher total daneben geraten ist (Eskalationsspirale beider Seiten)


  • Ich gerate in eine gefühlte Schieflage, eine massive Schieflage. Ich flippe aus und kriege einen fürchterlich dicken Hals wegen einer Sache. 
  • Oder ich bin genervt, gereizt, meine Haut ist dünn und ich ertrage nichts mehr. Das kann bei meiner Art von Hochsensibilität zB dann sein, wenn meine Präsenzfähigkeit als "feinfühlige Batterie" leer ist und ich meine, es fallen noch Anfragen und Anforderungen an, ich hätte aber keine Kraft mehr, für diese präsent sein zu können. 
  • Dann bin ich überfordert und gerate in einen heftigen Strudel von Frust, Traurigkeit, Verlorenheit und Ohnmacht. Ich gerate hochgradig aus meinen Geleisen.


Nun passiert folgendes: Meine Partnerin, meine Ex-Ehefrau, meine Mutter, allenfalls mal Geschäftskollegen gehen dann in folgende Variante zu reagieren: Sie fangen an, 
  • sich Sorgen wegen meiner Sorgen zu machen. S
  • ie kümmert, wenn mich etwas kümmert. 
  • Sie kriegen sorgenvolle Gesichter und Intonationen, wie ich sie gerade eben begonnen habe.
  • Sie fragen: Was sollen wir tun? 
  • Und: "Es bedrückt mich, wenn es dir nicht gut geht. 
  • Es macht mich traurig, wenn ich dich so sehe."

Und ich, ich reagiere darauf mit noch mehr Wut, schimpfe und finde es den totalen Scheiss, wenn der- und diejenige auch anfängt zu jammern, wo doch ich am jammern bin. Warum übernimmt / klaut / reisst an sich der nun eigenen Raum für Klagen, Probleme und Gestöhne. Ich fühle mich verraten, unbeachtet und mehr als missverstanden. Und weil ich dann anfange zu bellen, beklagt der andere, dass ich mich über ihn/sie beklage, wo er/sie mir doch nur helfen möchte und sich kümmere, blablablubb.

Und so, ihr versteht wohl, dreht sich die negative Spirale bis zum Exzess und zu einer noch höheren Erschöpfung. Und es ist fürchterlich und braucht bisweilen mehrere Tage, bis ich aus dem rauskomme und mich davon erholt habe, und vermutlich geht es den Betroffenen auch so.
Das kommt nicht oft vor - aber wenn, dann ist es richtig übel und es verblieb bis jetzt auch stets ungeklärt. Ich (und die anderen) liessen die Zeit die Wunden heilen - aber die Narben sind vermutlich noch da.


Was ich in diesen Situationen brauche:

Was konnte ich endlich herausfinden?
Ich konnte klären, dass ich nicht bekomme, was mein Bedürfnis ist.


Was brauche ich in meiner Not nicht: 
  • kein grosses Mitgefühl, jedenfalls kein mitklagendes 
  • niemanden, der wegen meiner Lauen in selbe Negativspirale gerät 
  • niemanden mit "Oh" und "Weh" und mit Sorgenfalten im Gesicht 
  • niemand, der mich bemitleidet 
  • niemanden, der anfängt zu klagen, dass ich klage 
  • niemanden, der mir seine Leiden aufzeigt, wenn ich meine Leiden aufzeige


Denn ich weiss: 
  • ich bin nicht sterbenskrank, die Krise hat ein Ende 
  • ich habe einen Moment schlechte Laune und bin allenfalls 'leer' (Präsenz) 
  • ich kann mich selber managen und kurieren 
  • ich kann gut für mich schauen, wenn man mich lässt

Ich bin ein grosser Beschwörer von arbeitsamen Partnerschaften. Das Bild hierfür, welches ich habe, ist das von zwei Kampfdüsenjets. Diese fliegen Angriff für Angriff, Ziel für Ziel leicht versetzt nebeneinander und sind damit höchst erfolgreich (Power Couple). Wenn ich als Düsenjet nun ins Trudeln gerate und absturzgefährdet bin, will ich wirklich alles andere, als dass die andere Maschine im selben Moment wegen mir anfängt, ebenfalls Trudel- und Absturzerscheinungen anzuzeigen. "W-t-f!" Wenn ich in Flugnöte gerate, dann brauche ich die andere Maschine in vollem Einsatz, was meint:
"Was ich jetzt in meiner Absturzgefahr brauche, ist, dass du meine Position voll und ganz übernimmst. Das ist mein Verständnis unserer Partnerschaft und dem Team-Gedanken. Wenn einer ausfällt, schliesst der andere oder schliessen die anderen SOFORT UND OHNE WENN UND ABER die Lücke und gewähren mir damit die VOLLE Entlastung bei gutem Gewissen."

Was meine ich damit: 
  • Übernimm SOFORT die Führung, bleib dabei aber cool und lachend 
  • Bitte stellt mich ohne grosse Bedenken sofort frei 
  • Schick mich vom Arbeitsplatz oder nach Hause 
  • Schau, dass ich aus der Situation (Ort) weg komme 
  • Gib mir Signale, die Zielerreichung auch ohne mich zu erreichen 
  • Sei und bleibe souverän und ohne Sorgenfalten, lache und sag:"Ok, du bist heute nicht mehr zu gebrauchen, bring deinen Jet korrekt zu Boden uns reparier dich - wir fliegen ohne dich und bringen die vereinbarten Dinge auch so ins Ziel. 
  • Gib mir Sicherheit und momentane 100%-Entlastung, die sich für mich OK anfühlt, so dass ich mich entlasten und entspannen kann. 
  • Sende keine Schuld- oder Klagensgefühle oder sonstige Bedenkenssignale 
  • vielmehr brauche ich nun deine Zuversicht, deine Willenskraft, deine Ansage und dass meine Lücke ohne Probleme gefüllt und für den Moment übernommen wird. 
  • Gib mir das Gefühl, dass nix zurücksteht, bloss weil ich ausfalle. 
  • Übernimm den Lead.

Das ist es, was ich brauche.

Da ich sonst nicht in dem Zustand bin, sondern eher ein Leader / Pusher / Begleiter - einer, der sehr aufmerksam für andere da ist, kann ich in meiner Erschöpfung nicht ertragen, dass noch jemand mit klagen anfängt, weil das in mir gleich wieder Schuldgefühle hervorruft, die ich in der Kraftlosigkeit nicht mehr handhaben kann.


Oder: Weil ich sehr aufmerksam bin, möchte ich nun deine Aufmerksamkeit, die mich trägt und mich entlastet, allenfalls mit etwas Hauruck nach Hause schickt, so dass ich für mich schauen kann. Gib mir das Gefühl mich und die Situation zu übernehmen. Gib mir die Power, nun nicht auch ins Trudeln zu kommen, so dass ich spüren kann, dass dein Düsenjet jetzt erst recht einsatzbereit ist und unsere Ziele anfliegt.

Das, und nur das, verstehe ich unter "Flügelschutz auf sechzehnhundert." Und nur so ist er auch zu verstehen. Daher: Fang nicht an wegen mir zu heulen, bloss weil ich heule. Übernimm!

Das ist es, was ich in dem Moment brauche.

Grossartig. Danke.

Jona Jakob
Zürich Bern Frankfurt