31.07.2018

Der Satz "Ich möchte meine PS auf die Strasse bringen." - Gerne, aber was soll damit gemeint sein?

Das ist vielleicht der meist geäußerte Satz, den ich in den Situationsbeschreibungen von Hochbegabten zu hören bzw. zu lesen bekam. Etwa gleichauf mit der Selbstbeschreibung vom 'Alien / nicht von diesem Planeten'.

Dadurch, dass es mir persönlich aktuell (10 Jahre nach meinem Entdecken) sehr gut gelingt, meine PS auf die Strasse zu bringen, spüre ich / frage ich mich aus diesem Grund speziell, was eigentlich ist für andere Menschen damit gemeint, wenn sie ihre eigenen PS auf die Strasse bringen möchten?

Bild: J. Jakob / 'Spirit of Horgen' ... zu viel Masthöhe, verlängerter Kiel, zu kurzer Rumpf und Speed wie Blöde. War aber kaum zu segeln das Ding. :-)

Was höre ich alles aus diesen Worten heraus?

A) Ich meine, ich höre heraus, dass man mehr Tempo, mehr Speed, mehr Power oder Akzeleration "als die anderen" hat. Man wäre also eine ganz eigene "Maschine / Motor / Fahrzeug", welches spezielle Kräfte / Fähigkeit mit sich bringt.

Und in der Folge: Wer nicht damit umzugehen wüsste, dem würden die Räder (Kontakt zur Greifbarkeit des Bodens) durchdrehen, so dass zwar viel Kraft viele Raddrehungen bewirken würden, aber wenn das für die statische Strasse zu viel wird, ergibt sich kein Vortrieb. Die mögliche Power verpufft.

B) Ich meine herauszuhören: Könnte ich mein Tempo / meine Fahrweise  / ja selbst meinen ganz eigens erfundenen Otto-Motor ohne Wenn und Aber fahren, würde meine Maschine auch funktionieren - ob nun besser oder nicht, sei mal noch dahingestellt.

C) Ich meine der Äußerung zu entnehmen, jemand möchte eher ohne Einschränkungen freie Piste haben, um in eher hohem Tempo auf seine Weise losbrettern zu können.

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Was ich in diesen 10 Jahren noch nie von wem gehört noch gelesen habe, sind Worte, die diesen Satz von den PS und auf-die-Strasse für sich selber auf eine Weise einschränken, also sich selber zurücknehmen, so dass es mit dem Fahren klappen könnte. Das ist keine Kritik - es ist für mich bisher so gewesen.

In mir stellt sich jedoch die Frage: Wer soll diese ominöse "Strasse" sein, die angeblich nicht mitspielt / nicht gut bzw. ideal ist / nicht greift - die einfach wie unbrauchbar dargestellt sei


Wer oder was soll diese Strasse sein?

Einst in der Schule, an einem Tag für Verkehrskunde, stellte der Polizist in seiner Uniform die Frage an uns: "Was ist für euch die Strasse?" Er stand dabei vor einem Plakat, welches die Strasse aus einem Wohnviertel zeigte. Wir sahen also die eigene und andere Strassenseite, Häuser, Fassaden, Fahrradwege, Gehwege, Menschen, Kinder, Fahrzeuge, Tramschienen, etc. "Welchen Teil des Bildes würdet ihr als den Bereich der Strasse bezeichnen?" - so wiederholte der Polizist seine Frage.

Wir nannten alle was anderes. Das beeindruckte mich schon genug, dass wir uns da nicht einig waren. Aber wirklich erstaunt und mich lehrreich erwischt hat mich der Verkehrslehrer, als dieser sagte:

Die "Strasse" ist ALLES, was ihr da seht! Sie geht von der einen Fassade des Wohnhauses bis rüber zur gegenüberliegenden Fassade." - BANG ... bei mir hat das gesessen.  Mein Bild der freien Piste war gelöscht - es stand da neu ein Bild eines unheimlich unterschiedlichen Miteinanders. 

In einem Punkt bin ich mir weiter nicht sicher, was genau ich aus dem Satz heraushören soll: Will die sich äußernde Person sich einfach uneingeschränkt geben können, wie es ihr gerade passt? Möchte sie einfach keine Konzession ans Umfeld machen und allen eigenen Kräften und Fähigkeiten ihren freien Lauf lassen?

Oder wäre ein "Hinbringen" der eigenen PS auf die Strasse vom Gedanken her nicht eher so gemeint, dass man ein berufliches und monetäres Fortkommen hinbringen möchte - was im Bild erst einmal meint: In der Lage zu sein, mit dem eigenen 'Vehikel' Strecke zu machen?

Sind es auf einmal gar nicht mehr die "PS", die zählen? Wäre es vielmehr das "Fortkommen" in Form von Strecke, Kilometern, Wegstrecke, von mir aus auch von A nach B zu gelangen?

Und wenn es um Letzteres ginge, bin ich da alleine? Ist der Wunsch nach freier Piste zwar legitim, aber gelingt dauerhaft erfolgreiches / schadenfreies Forwärtskommen, wenn ich niemanden berücksichtige oder eben, wenn ich mich im Verkehr so verhalte, dass es für alle geht?

Glaubt jemand mit diesem Satz im Kopf, man könne einen Supersportwagen schneller innerorts durch eine Stadt oder Häuser pushen? Habe ich mit meinem Muscle-Car andere Privilegien, als alle anderen Verkehrsteilnehmenden? Meint wer, mit einem riesigen Viermalvier sei jeder Weg zu bestreiten, egal was die Strassensiganlisation anzeigt?

Und doch werden Ferraris, Lambos, Corvetten und schnellste und ps-starke deutsche Wagen durch den Verkehr gelenkt, von der Quartierstraße bis zur freien Piste auf Autobahnen.

Kann es sein, dass es für die Quartier- und Spielstraße eine hohe Kompetenz und Fähigkeit, genannt Fahrzeugbeherrschung, benötigt - gleichso für dichten Verkehr oder wenn über 200 Km/h auf freier Piste das Fahrzeug in einer Art Performance zu führen ist?

Meine persönlichen Wegstrecken (Etappen auf dieser ominösen Strasse) sind:

  • Annahme als Mensch, z.B. in Gesprächen, als Mitglied, Teilnehmer, Partner
  • Arbeitsaufträge, ob face-to-face oder von Unternehmungen, Organisationen, ...
  • Gehalt, Honorar, Geld, Preisakzeptanz, Rendite, Alterssicherung, Urlaub, Reinvest
  • Ausbau meiner Aufgaben, Verantwortung, Anerkennung, Vertrauen
  • Verträge, Abmachungen, Kredit, Bereitschaft, Mitmachen, Engagement

und last but not least

  • Dauerhaftigkeit, Prospektivität, Wachstum, Verwirklichung, Stimmigkeit und ...
  • Wohlsein bei einem hohen Grad an unabhängiger Authentizität.

Das ist aber kein Speedrekord mit einer Rakete auf dem Salzseee, nein, das ist die Kunst des kompetenten Miteinanders. Dort liegt das Moment, wo ich heute meine PS so auf die Strasse bringe, dass die Strasse ihren Zweck erbringen kann, nämlich für mich tragend gut da zu sein. Dann klappt das auch mit meinem mal stärkeren, mal schwächelnden Vortrieb.

Oder wie interpretiert Ihr diesen Satz, den Andrea Brackmann schon geprägt hat?

Beste Grüsse
Jona Jakob, Senior Coach
Zürich, Bern, Frankfurt, Aschaffenburg


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